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Energie: Gasprom kritisiert Hürden zu Europas Gasmärkten

Der russische Gasmonopolist Gasprom hat massive Hürden beim Zugang zum westeuropäischen Energiemarkt beklagt. Der Konzern attackierte erneut die Liberalisierungspolitik der EU-Kommission.

Berlin - Von einem einheitlichen Gasmarkt in Europa könne keine Rede sein, sagte der stellvertretende Gasprom-Vorstandschef Alexander Medwedew am Freitag auf einem Branchentreffen in Berlin. Unterschiedliche Steuersätze und die aktive Rolle der Wettbewerbsbehörden erschwerten ausländischen Konzernen den Zugang. Zugleich brachte Russlands Gasindustrie nach dem Konflikt mit der Ukraine die Bildung einer internationalen Kommission ins Spiel, die den Pipeline-Transport durch Transitländer überwachen könnte.

Diese unabhängige Organisation könne die von Russland gelieferten Gasströme zwischen den Ländern kontrollieren und feststellen, ob die Gasmengen den abgeschlossenen Verträgen entsprechen, sagte der Chef der Russischen Erdgasgesellschaft, Valeri Jasew, in einem dpa-Gespräch. Ende vergangenen Jahres hatten die Russen zeitweise den Gashahn zugedreht, weil die Ukraine drastische Preiserhöhungen nicht akzeptieren wollten. Als Gegenreaktion zapfte das Land aus den Pipelines für den Westen bestimmtes Gas ab.

Einen Zugang von Drittländern am russischen Pipeline-Netz, wie es die europäische Energiecharta vorsieht, lehnt Russland ab. "Unser Pipeline-Netz ist eines der längsten der Welt und ungefähr 500 Milliarden Dollar wert. Dieses Wettbewerbsvorteil wollen wir mit niemanden teilen", sagte Jasew, der auch Vorsitzender des Energieausschusses des russischen Parlaments ist.

Gasprom sieht Kartellamt als Marktbehinderung

Zu den Marktbehinderungen zählte Gasprom-Vize Medwedew auch, dass in Deutschland das Bundeskartellamt sich in die Vertragsgestaltung bei der Gasverteilung einmische. Dies sei mit seinem Verständnis marktwirtschaftlicher Prinzipien nicht vereinbar. Gasprom, wichtigster Gaslieferant von Europa, will sich nicht mehr nur auf Förderung und Transport gen Westen beschränken, sondern stärker am lukrativen Endkundengeschäft in den Einzelmärkten beteiligen. Derzeit verhandelt der Konzern über ein entsprechendes Tauschgeschäft mit dem Düsseldorfer Energiekonzern E.ON, das bald erfolgreich abgeschlossen werden könnte. E.ON soll 25 Prozent an einem großen Gasvorkommen in Sibirien erhalten, Gasprom im Gegenzug von den Deutschen eine Beteiligung an der ungarischen MOL.

Medwedew verlangte von der EU-Kommission klare Signale für einen freien Wettbewerb und Investitionssicherheit. Dazu zählten langfristige Lieferverträge mit Laufzeiten von mehreren Jahrzehnten. Die Liberalisierung des europäischen Gasmarktes dürfe nicht dazu führen, dass die Risiken einseitig Produzenten und Exporteuren aufgebürdet würden. Die bislang verfolgte "Politik der Peitsche" der EU-Kommission gegenüber ausländischen Energiekonzernen bei der Regulierung spiegele ein fehlendes Verständnis der internationalen Gasmärkte wider.

EU-Kommission weist Kritik zurück

Die Kommission wies die Kritik zurück. Russland und Gasprom würden von der EU nicht diskriminiert, sagte der EU-Direktor für Energie, Christian Cleutinx. Die EU forderte Gasprom aber auf, mehr Geld in effiziente Technologien zu investieren und gegen die Gasverschwendung im Inland vorzugehen. "Die größten Gasvorkommen liegen nicht im Boden, sondern in den russischen Städten."

Medwedew wiederum bemühte sich, die Ängste in Europa vor einem russischen Lieferstopp zu zerstreuen. Entsprechende Aussagen des Unternehmenschefs Alexej Miller seien falsch verstanden worden. Russland sei seit über 40 Jahren ein zuverlässiger Lieferant für Europa und werde dies in den nächsten Jahrzehnten bleiben. Auch Befürchtungen, Gasprom könne wegen fehlender Investitionsmittel eine höhere europäische Nachfrage nicht decken, seien unbegründet. Die Liefertreue Russlands hatte auch Staatspräsident Wladimir Putin beim jüngsten Treffen mit der EU-Spitze in Sotschi unterstrichen. (tso/dpa)

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