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Energie: Guttenberg will Atomausstieg hinauszögern

Die Bundestagswahl im Herbst gilt in der Politik und bei den Energiekonzernen als entscheidend dafür, ob die Kernkraft in Deutschland wieder eine Zukunft bekommt.

Düsseldorf - Vor der Bundestagswahl zeichnet sich ein Stimmungsumschwung zugunsten der Kernenergie ab. In einer repräsentativen Studie der Unternehmensberatung Accenture, die dem „Handelsblatt“ vorliegt, sprachen sich 56 Prozent der in Deutschland Befragten grundsätzlich für längere Laufzeiten der bestehenden Reaktoren aus. 50 Prozent sind sogar dafür aufgeschlossen, den Anteil der Kernkraft an der Stromerzeugung auszubauen – und würden damit den Neubau von Reaktoren akzeptieren. Allerdings haben die Befragten auch hohe Ansprüche an die Sicherheit der Kernkraftwerke, erwarten praktikable und sichere Lösungen für die Entsorgung des Atommülls und fordern, dass Strom aus Kernkraft preiswert sein müsse. Für die Studie wurden insgesamt weltweit über 10 000 Bürger befragt, davon in Deutschland mehr als 500.

Die Bundestagswahl im Herbst gilt in der Politik und bei den Energiekonzernen als entscheidend dafür, ob die Kernkraft in Deutschland wieder eine Zukunft bekommt. Eine Regierung aus Union und FDP dürfte den im Jahr 2000 von der damaligen rot-grünen Bundesregierung ausgehandelten Ausstiegsbeschluss kippen und die Laufzeiten der noch 17 aktiven Kraftwerke, die zurzeit auf im Schnitt 32 Jahre begrenzt sind, wieder verlängern. Die große Koalition ist in der Frage der Kernenergienutzung zerstritten. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will den Ausstiegsbeschluss revidieren: „Die Kernenergie ist noch für eine gewisse Zeit notwendig, ich plädiere deshalb für eine Laufzeitverlängerung“, sagte zu Guttenberg dem „Handelsblatt“. Allerdings sieht er die Kernkraft lediglich als Übergangstechnologie, langfristig misst er den erneuerbaren Energien eine tragende Rolle bei. Die zusätzlichen Erträge aus den Kernkraftwerken könnten in Energieeffizienz, Erneuerbare Energien und Forschung investiert werden und so dem Verbraucher zugutekommen, sagte zu Guttenberg. „Mithilfe der Laufzeitverlängerung kann es uns gelingen, eine Brücke zu einer modernen Energieinfrastruktur zu schaffen.“

Für Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dagegen kommt eine Verlängerung der Laufzeiten nicht in Betracht. „In dieser Frage wird es keinesfalls einen Kursschwenk geben“, heißt es in seinem Ministerium. Eine Regierung mit Beteiligung der SPD, der Grünen oder der Linkspartei würde den Ausstiegsbeschluss vermutlich beibehalten. In den kommenden Jahren würden dann mehrere Anlagen abgeschaltet werden. juf/str (HB)

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