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Energie: Solare Überförderung

2009 wurden viel mehr Solaranlagen installiert als behauptet – Stromkunden zahlen Milliarden drauf.

Berlin - Für die einen ist Frank Asbeck ein Visionär, für manchen Vertreter der Solarbranche gilt er als Netzbeschmutzer. Der überaus selbstbewusste Chef des Solarmoduleherstellers Solarworld hatte sich im September für eine stärkere Kürzung der Subventionen für Sonnenstrom ausgesprochen. „Man sollte vorhandene Spielräume nutzen, um die Vergütungen für den Solarstrom weiter zu reduzieren“, sagte er in einem Interview. Manche Beobachter fanden es damals schräg, dass ein Vertreter eines Industriezweiges öffentlich weniger Geld fordert. Jetzt wird deutlich, warum Asbeck das gesagt hat.

Am Freitag nämlich hat die Bundesnetzagentur in Bonn die neuen Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen veröffentlicht, die im kommenden Jahr installiert werden. Im Vergleich zu den noch in diesem Jahr in Betrieb genommenen Anlagen werde sich die Vergütung je nach Art und Größe der Anlage um neun beziehungsweise elf Prozent verringern, teilte die Behörde mit. Dieser Schnitt klingt zunächst drastisch, ist aber gerade mal ein Prozentpunkt stärker, als ursprünglich geplant. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das Anfang 2009 aktualisiert worden war, sah bereits eine jährliche Kürzung (Degression) um durchschnittlich zehn Prozent vor.

Ein Prozent mehr Kürzung also als ursprünglich geplant. Netzagentur-Chef Matthias Kurth begründete das mit folgenden Worten: „Der Schwellenwert von 1500 Megawatt, der eine erhöhte Degression und damit eine stärkere Absenkung der Vergütungssätze zur Folge hat, wurde mit einer gemeldeten Leistung von circa 2340 Megawatt deutlich überschritten.“ In den Zahlen steckt politischer Sprengstoff. Denn sie bedeuten, dass von September 2008 bis September 2009 mehr als drei Mal so viele Solarmodule auf deutschen Dächern und Freiflächen aufgestellt worden sind, wie von dem Solarlobbyverband BSW behauptet. Der hatte den Bundestagsabgeordneten im Mai 2008 – wenige Tage bevor sie mit der EEG-Novelle über die Höhe der Solarförderung entscheiden sollten, vorgerechnet, dass im Jahr 2009 weniger als 700 Megawatt zugebaut werden dürften. Jetzt sind es also 2340 in zwölf Monaten.

Das Problem: Alle diese Anlagen müssen über 20 Jahre gefördert werden – im Schnitt mit rund 36 Cent je Kilowattstunde. Das zahlen alle Stromkunden über eine Umlage. Brancheninterne Berechnungen gehen davon aus, dass die im Jahr 2009 neu installierten Anlagen die Verbraucher in den kommenden 20 Jahren rund elf Milliarden Euro kosten. Dabei decke der Strom aus den Anlagen nicht mal 0,5 Prozent des Bedarfs. Die neue Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag bereist angekündigt, dass man die Solarförderung weiter kürzen will. Schon im März oder April könnte Kurth die nächste Kürzung verkünden.

Die Überförderung der Branche ist aber nicht nur ein Problem für Kunden. Auch die Branche selbst erstickt daran, das meinte Solarworld-Chef Asbeck. Das Auslandsgeschäft seines Unternehmens hatte im ersten Halbjahr 2008 einen Anteil von 64 Prozent. Im ersten Halbjahr 2009 waren es noch 38. Bei Ersol (gehört jetzt zu Bosch) sank die Exportquote im selben Zeitraum sogar von 73 auf magere 17 Prozent. „Von dem Solarboom in Deutschland profitieren unter den Herstellern vor allem chinesische Unternehmen. Sie bieten Module zur gleichen Qualität deutlich günstiger an“, sagt Anne Kreutzmann, Chefredakteurin des Solarstrom-Magazins Photon. Somit entpuppt sich die Solarsubvention nicht als Förderung einer Exportbranche, sondern als Konjunkturprogramm für Fernost.

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