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Strom

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Energieanbieter: Wechsel-Strom

Die Verbraucher haben den Strommarkt gehörig in Bewegung gebracht: Bis zur Jahresmitte soll fast die Hälfte der Haushalte gewechselt haben. Ökostromanbieter profitieren derweil von den Atompannen.

Immer mehr Stromverbraucher kehren ihren Energieversorgern den Rücken oder wechseln zumindest vom Grundtarif in günstigere Tarifgruppen. „Wir schätzen, dass 40 bis 50 Prozent der Haushalte bis zur Jahresmitte gewechselt haben“, heißt es beim Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW). Damit haben die Endverbraucher den Strommarkt in den vergangenen Monaten erheblich in Bewegung gebracht: Bis Ende 2006 hatte die Zahl der Wechsler bei lediglich 31 Prozent gelegen. Gerechnet wird jeweils vom Beginn der Liberalisierung der Strommärkte im Jahre 1998 an.

Damit der Anbieterwechsel kein Glücksspiel wird, hat die Politik die Wechselprozesse standardisiert. Die unterbrechungsfreie Stromversorgung ist garantiert, dem Stromverbraucher entstehen keine Kosten. „Die Bedingungen für einen Wechsel des Anbieters sind mittlerweile recht einfach“, heißt es beim Bundesverband Neuer Energieanbieter, der die Interessen von Neulingen auf dem Strommarkt vertritt.

Bis zum Ende vergangenen Jahres waren die insgesamt knapp 40 Millionen Haushaltskunden eher vorsichtige Wechsler: Von dem knappen Drittel, das zwischen 1998 und Ende 2006 wechselte, entschieden sich nur sechs Prozent für einen neuen Anbieter; die restlichen 25 Prozent begnügten sich damit, bei ihrem Anbieter in eine günstigere Tarifgruppe zu wechseln. Die Zeit der Vorsicht ist nun vorbei. „Der Juni 2007 war der beste Monat in unserer Firmengeschichte. Wir haben 20 000 Kunden dazugewonnen. Insgesamt waren es im ersten Halbjahr 60 000“, heißt es bei Lichtblick, einem Anbieter von Ökostrom. Das Unternehmen, das Ende 1999 den Geschäftsbetrieb mit ganzen acht Kunden aufnahm, versorgt mittlerweile 290 000 Haushalte. Auch „E wie einfach“, eine Tochter des Eon-Konzerns, die erst seit Februar 2007 um Kunden wirbt, legt stetig zu: Rund 60 000 Kunden hat das Unternehmen, das eine „deutlich wachsende Wechselbereitschaft“ registriert.

Die Wechselwilligkeit wird durch Sondereffekte beflügelt. So profitieren Ökostrom-Anbieter wie Lichtblick von der aktuellen Klimaschutzdebatte. Hinzu kommt die Preispolitik etlicher etablierter Konzerne. Viele Stromversorger haben die Preise zum 1. Juli erhöht, weil sie sich von dem Tag an Erhöhungen ihres Grundtarifs nicht mehr behördlich genehmigen lassen müssen. Einige Unternehmen mussten dafür büßen. So verlor der Vattenfall-Konzern auf seinen Stammmärkten Hamburg und Berlin scharenweise Kunden an Newcomer wie Nuon: „Wir haben allein im Mai und im Juni in Hamburg und Berlin 42 000 Kunden gewonnen“, sagt Thomas Mecke, Geschäftsführer von Nuon Deutschland. Man sei mit der Entwicklung „sehr zufrieden“. Offenbar habe sich herumgesprochen, dass der Wechsel des Stromanbieters einfach und unkompliziert sei.

Auch die Störfälle in den Kernkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel haben Folgen. Seit Bekanntwerden der Vorfälle Ende Juni steigt beim Aktionsbündnis „Atomausstieg selber machen“ die Zahl der Interessenten rapide. „In diesem Monat steuern wir auf einen neuen Rekord zu“, sagt Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe, die das Bündnis gemeinsam mit weiteren Umweltschutzorganisationen ins Leben gerufen hat und den Wechsel zu Ökostrom-Anbietern organisiert.

Im Vergleich zu Verbrauchern aus der Industrie sind private Stromverbraucher allerdings noch immer treue Seelen. Nach Angaben des VDEW haben 100 Prozent der Industrieverbraucher zwischen 1998 und Ende 2006 den Tarif oder sogar den Anbieter gewechselt.

Klaus Stratmann

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