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Energiekonzept der Regierung: Bremse für grünen Strom

Die Pläne der Regierung schaden den erneuerbaren Energien – sie setzen vor allem auf vage Hoffnungen.

Berlin - Für Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sind die 39 Seiten, die in zwölfstündiger Sitzung im Kanzleramt als Energiekonzept ausgehandelt worden sind, eine unübertroffene Leistung. „Das ist das anspruchsvollste energiepolitische Programm der Welt, ein Fahrplan ins Zeitalter der erneuerbaren Energien“, lobte er den Entwurf, als er ihn gemeinsam mit Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vorstellte. Der aber redete fast nur über die längere Laufzeit für die Atomkraftwerke, die in dem Konzept genau drei Zeilen einnimmt.

Der Plan enthält viele Vorschläge, mit denen sich der damalige SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel 2007 nicht durchsetzen konnte, als das erste Kabinett von Angela Merkel (CDU) das „Integrierte Energie- und Klimaprogramm“ beschloss. Im neuen Konzept wird das Klimaschutzziel bestätigt, das Union und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart haben: Bis 2020 sollen die deutschen Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent sinken, bis 2050 um 80 Prozent. Allerdings ist der Weltklimarat IPCC ehrgeiziger – er rät Industriestaaten zu einem Minus von 80 bis 95 Prozent.

Das Ausbautempo erneuerbarer Energien soll aber gebremst werden. Ihr Anteil am Gesamtenergieverbrauch soll bis 2020 nur 18 Prozent betragen. Bis 2030 werden 30 Prozent angestrebt, 2040 dann 45 Prozent und 2050 schließlich 60 Prozent. Das ist eher bescheiden angesichts des Booms der Öko-Energie in den vergangenen zehn Jahren.

Ein Hindernis für den grünen Strom ist aber nicht nur die längere Laufzeit für Atomkraftwerke. In Zukunft sollen erneuerbare Energien „bedarfsgerecht“ erzeugt werden. Das ist bei Wind- und Sonnenstrom aber nicht möglich, denn er fließt nun einmal, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Bisher war geplant, auf dieses Problem mit flexibleren Kraftwerken zu reagieren. Nun aber sollen Anlagenbetreiber eine Prämie bekommen, wenn sie ihren Windstrom nur noch ins Netz einspeisen, wenn er gebraucht wird.

Die Windstrom-Erzeugung auf hoher See soll von der Staatsbank KfW mit fünf Milliarden Euro gefördert werden. Dieses Geld kommt aber vermutlich vor allem den vier großen Energiekonzernen zugute: Sie haben sich schon lange Flächen auf dem Meer gesichert, bisher aber darauf verzichtet, Windparks zu errichten.

Die Windenergie an Land soll dadurch gefördert werden, dass „mit Ländern und Kommunen Raumordnungspläne“ so weiterentwickelt werden, dass „ausreichende Flächen für neue Windenergiegebiete ausgewiesen werden“. Vielleicht kann sich Hessen dann ja dazu durchringen, rund um die Atomkraftwerke in Biblis doch noch einen Windpark zu genehmigen. Bisher war er aus Sorge um eine Verschandelung der Landschaft abgelehnt worden.

Bei der Energieeffizienz soll Deutschland künftig pro Jahr um 2,1 Prozent besser werden, sodass der Energieverbrauch bis 2050 um die Hälfte sinkt. Dieses Ziel hatten Union und SPD schon 2007 formuliert, allerdings kaum Ideen entwickelt, wie sich so viel Energie einsparen lässt.

Das setzt sich im Energiekonzept von Schwarz-Gelb fort. Es soll eine Bundesstelle für Energieeffizienz geben, die den Markt für Energiedienstleistungen beobachtet. Und eine „Initiative Energieeffizienz“ soll die Verbraucher auf das Thema aufmerksam machen. Außerdem ist eine bessere Kennzeichnung des Energieverbrauchs geplant. Allerdings könnte der Effekt überschaubar bleiben, sollte sich die Auszeichnung an der Auto-Praxis orientieren – hier können sogar Geländewagen als umweltfreundlich etikettiert werden.

Damit auch die Industrie sparsamer wird, will das Wirtschaftsministerium einen 500 Millionen Euro schweren Effizienzfonds auflegen. Von 2013 an würden stromintensive Firmen ihre Vergünstigungen bei der Ökosteuer nur noch dann bekommen, wenn sie ein Energiemanagementsystem im Betrieb einführen – auch eine der Forderungen, mit denen Gabriel vor drei Jahren gescheitert war.

Damit die Gebäudesanierung wieder in Gang kommt, soll der gerade erst um zwei Drittel gekürzte Sanierungsfonds im Bauministerium künftig wieder mit mehr Geld gefüllt werden. Diese Mittel sollen von 2013 an aus den Auktionserlösen aus dem Emissionshandel kommen. Diese Einnahmen sollen in Zukunft vollständig für den Klimaschutz verwendet werden. Das hatte die Regierung 2007 auch schon mal beschlossen – zumindest für den Rest einer Legislaturperiode. Dagmar Dehmer

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