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Dampf im Kessel. Kraftwerke bauen, wie hier bei Hanau, kann Eon und will das auch weiter tun – auch außerhalb Europas.

© dpa

Energiekonzern: Eon drängt in die Schwellenländer

Eon-Chef Johannes Teyssen öffnet den Energiekonzern für Wachstumsmärkte und bricht mit Regeln seiner Vorgänger.

Düsseldorf - Eon-Chef Johannes Teyssen weckt die Fantasie der Anleger. In den vergangenen zwölf Monaten war der Kurs der Aktie des Energiekonzerns um 18 Prozent eingebrochen, kein anderer Wert im Dax hatte sich so schlecht entwickelt. Am Mittwoch präsentierte der Vorstandschef seine neue Strategie – und die Aktie reagierte zunächst mit einem Sprung um vier Prozent.

Teyssen, der im Mai Wulf Bernotat an der Spitze des größten europäischen Energiekonzerns abgelöst hat, ist sich bewusst, dass das nur eine Momentaufnahme ist: „Es geht nicht um kurzfristiges Marketing und den Aktienkurs“, sagte er in Düsseldorf, „wir wollen langfristig überzeugen.“

Das muss er auch. Er bricht schließlich mit einigen Dogmen seiner Vorgänger Wulf Bernotat und Ulrich Hartmann. Eon bricht seine regionalen Fesseln auf. Der Konzern ist zwar in allen wichtigen europäischen Märkten vertreten, hat sich unter Bernotat und Hartmann aber auch bewusst auf Europa konzentriert. Russland ist der einzige Markt, in dem Eon sonst noch Kraftwerke betreibt. Lediglich die Tochter für erneuerbare Energien durfte weltweit agieren. „Wir waren bisher eurozentriert“, sagte Teyssen.

Damit ist jetzt Schluss. Teyssen sucht bewusst neue Wachstumsmärkte. 2015 soll Eon 25 Prozent seines Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen außerhalb Europas erwirtschaften. Zur- zeit sind es gerade einmal fünf Prozent.

Neben Russland und Nordamerika, wo der Konzern große Windparks baut, fahndet Teyssen nach zwei weiteren Regionen. Eon will dort keine kompletten Versorger kaufen, sondern Kraftwerke betreiben, in erneuerbare Energien investieren und sich im Großhandel engagieren. Welche Regionen das sein sollen, wollte er nicht sagen. In Konzernkreisen werden aber Asien und Südamerika genannt. Um die neuen Märkte soll sich eine neue Geschäftseinheit kümmern. Sie wird von Frank Mastiaux geleitet, bisher Chef der Erneuerbare-Energien-Sparte.

Teyssen wird vom enormen Energiehunger in Schwellenländern gelockt. Perfekt platziert war für ihn der neue World Energy Outlook, den die Internationale Energieagentur (IEA) am Vortag präsentierte. Ihr Fazit: In Schwellenländern wächst die Stromnachfrage rasant. In China beispielsweise werde sie sich bis 2035 verdreifachen. Während die Stromproduktion in den EU-Staaten bis 2035 pro Jahr im Schnitt um 0,6 Prozent steigen wird, beträgt die Wachstumsrate in China 3,8 oder Indien 3,1 Prozent.

Teyssen setzt auf das Know-how im eigenen Unternehmen bei Bau und Betrieb von Kraftwerken, Windparks und Solaranlagen. Um das Risiko zu begrenzen, rückt er von einem weiteren Dogma ab. Bisher strebte Eon bei wichtigen Engagements stets die Mehrheit an. Jetzt kann er sich auch Partnerschaften vorstellen, bei denen ein lokaler Partner das meiste Kapital mitbringt und Eon die technische Kompetenz als Betriebsführer. „Wir wollen nicht mit unserem Kapital und unseren Schulden wachsen, sondern mit unseren Kompetenzen.“

Um sich die nötigen Freiräume zu schaffen, ändert Teyssen auch auf dem Heimatmarkt die Strategie. Seine Vorgänger hatten den Energiekonzern in allen Märkten als integrierten Versorger positioniert, der sich in allen Stufen von der Produktion über das Netz bis zum Vertrieb engagiert. Teyssen wird sich von Aktivitäten trennen, die nicht genügend Rendite abwerfen. Das größte Potenzial sieht er in der Stromproduktion. Infrage stehen dagegen die regulierten Bereiche – also Netzaktivitäten, beispielsweise das Stromnetz in Großbritannien. Er reagiert damit auf steigende Belastungen – etwa durch den Klimaschutz – und den schärfer werdenden Wettbewerb. „Eon wird fokussierter und gleichzeitig internationaler“, fasst er die Strategie zusammen.

Analysten nahmen die Pläne wohlwollend auf. Bernhard Jeggle von der LBBW etwa bezeichnete sie als „stimmig“. Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat zeigten sich zwar offen. Es sei klar, dass Eon neues Wachstum brauche, sagte ein Mitglied des Gremiums. Trotzdem herrsche in der Belegschaft Unruhe. Man müsse abwarten, was auf die Heimatmärkte zukomme. Einer jedenfalls trägt den Strategieschwenk mit, obwohl er mit seinen Dogmen bricht: Ex-Chef und Aufsichtsratsvorsitzender Ulrich Hartmann: „Er gibt unserem Unternehmen ein klares und anspruchsvolles Profil“, sagte er.HB

Jürgen Flauger

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