zum Hauptinhalt
Strom wird langfristig teurer, daran gibt es keinen Zweifel.

© dpa

Energiekosten: Wende bei der Energie

Strom wird für Privatkunden immer teurer. Dafür könnte es Preissenkungen bei Gas und Benzin geben.

Fast jeder Bundesbürger, der in diesen Wochen unerfreuliche Post von seinem Stromversorger bekommen hat, wird in dem Brief ein Wort gelesen haben: Energiewende. Die muss derzeit als Begründung für Tariferhöhungen von bis zu zehn Prozent herhalten. Schon fordern einige Politiker und Verbraucherschützer Sozialtarife für die Schwächsten. Schließlich sei schon 600 000 Haushalten in diesem Jahr wegen nicht bezahlter Rechnungen der Strom abgeklemmt worden, heißt es.

So wächst insgesamt der Unmut über das politische Megaprojekt Energiewende. Dabei belegen Daten des statistischen Bundesamtes: Energie insgesamt wird nicht erst seit dem neu eingeleiteten Atomausstieg oder der ausufernden Förderung des Solarstroms teurer. Während sich die Preise für alle Waren und Dienstleistungen für Bundesbürger seit Anfang 2005 insgesamt um knapp 14 Prozent verteuerten, stiegen die Preise für Energieträger inklusive Benzin im gleichen Zeitraum um mehr als 48 Prozent und trugen somit maßgeblich zur Inflation bei.

Energie wird langfristig teurer, daran gibt es keinen Zweifel. Im vergangenen Jahr aber nahm der Einfluss der Energiepreise auf die allgemeine Teuerung eher ab. Die Inflationsrate lag im Mai bei moderaten 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ohne Energie läge sie nur noch geringfügig niedriger, bei 1,5 Prozent im Jahresvergleich. Zuletzt wirkten die Energiepreise sogar allgemein preisdämpfend: Im Mai mussten die Bürger rund 1,5 Prozent weniger als im April für Energie zahlen. Das unterschlagen die härtesten Kritiker der Energiewende.

Und der Trend dürfte sich verstärken, was vor allem an weltweit fallenden Ölpreisen liegt. Seit März haben sich die wichtigsten Öl-Sorten Brent und WTI um 30 Prozent verbilligt. Grund sind hohe Lagerbestände – in den USA wird so viel gehortet wie seit 22 Jahren nicht; auch die Ausfälle durch das Embargo mit dem großen Ölförderland Iran sind an den Rohstoffbörsen kaum noch Thema. Zudem stockt die Konjunktur auch in den energiehungrigen Schwellenländern, wodurch die Nachfrage sinkt. Fallende Ölpreise wirken sich zunächst unmittelbar auf Heizöl und Spritpreise hierzulande aus. Viele Deutsche nutzen das bereits, um nun ihre Heizöltanks für den Winter zu füllen. Auf Lieferungen muss man derzeit einige Wochen warten. Regional kommt es sogar zu Lieferengpässen.

Durch den sinkenden Ölpreis geraten auch die Gaspreise unter Druck

Der Blick auf den Stromzähler tut vielen Verbrauchern weh.
Der Blick auf den Stromzähler tut vielen Verbrauchern weh.

© dpa

Autofahrer können den Trend seit wenigen Wochen beobachten. Lag der Preis für konventionelles Superbenzin (E5) im April im Bundesschnitt noch bei 1,71 Euro je Liter, waren es im Mai nur noch 1,65 Euro. In Berlin, wo Sprit meist etwas günstiger ist, konnte man diesen Kraftstoff am gestrigen Sonnabend vereinzelt bereits für 1,55 Euro tanken. Diesel kostete in Berlin gestern im Schnitt nur noch rund 1,41 Euro. Und die Preise könnten noch deutlich stärker fallen, sollte sich der Euro gegenüber dem Dollar erholen, der maßgeblichen Währung an den Rohstoffbörsen.

Durch den sinkenden Ölpreis geraten auch die Gaspreise unter Druck, da hier in Deutschland viele Gasimporteure mit Lieferanten wie Gazprom Verträge haben, die den Gaspreis an den Ölpreis koppeln. Dieser Mechanismus kommt aber erst mit mehrmonatiger Verzögerung bei den Privatkunden an. In Berlin etwa hatte der Grundversorger Gasag seine Preise zum Februar erstmals seit Oktober 2010 wieder angehoben – je nach Tarif um 3,6 bis zu 8,7 Prozent. „Eine weitere Erhöhung ist in diesem Jahr nicht mehr geplant“, sagte Gasag-Sprecher Klaus Haschker dem Tagesspiegel jetzt. „Wir beobachten die Lage genau und sind derzeit sogar recht optimistisch, dass wir die Preise vor Beginn der neuen Heizsaison senken können“, ergänzte er.

Berlins Fernwärmekunden können nicht mit einer so schnellen Entlastung rechnen. Der Versorger Vattenfall hatte seine Preise zum April um fünf Prozent angehoben und dürfte diese erst in einem Jahr wieder anpassen. Sollten Öl- und Gaspreise in diesem Jahr weiter fallen, hätte das auch für Fernwärmekunden günstige Auswirkungen, versichert Vattenfall – was sich allerdings erst nach der Heizsaison bemerkbar macht.

Bei den Strompreisen, auf die sich die Energiedebatte derzeit konzentriert, läuft die Entwicklung in der Tat entgegengesetzt. Zum einen dürfte die im Preis enthaltene Erneuerbare-Energien-Umlage von 3,592 Cent je Kilowattstunde im Januar erneut steigen. Auch die jüngst angekündigten Pläne zum Stromnetzausbau, die ebenfalls über den Strompreis finanziert werden, machen klar, dass Privatkunden hier auf absehbare Zeit nicht mit sinkenden Preisen rechnen können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false