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Zeit, dass sich was dreht. Bereits die Hälfte der Versorger hat ihre Tarife in diesem Jahr erhöht – teils mit kreativen Argumenten.

© ddp

Energiemarkt: Die Strompreise steigen

Nach Eon erhöht auch der zweitgrößte Versorger RWE die Tarife deutlich. Ein durchschnittlicher Haushaltskunde muss nun etwa fünf Euro mehr im Monat zahlen. Der Wettbewerber Vattenfall verzichtet darauf – vorerst.

Berlin - Der Zeitpunkt, eine derartige Nachricht zu verkünden, hätte kaum geschickter gewählt werden können: In der ersten Halbzeit des WM-Spiels Deutschland gegen Serbien veröffentlichte der Essener Stromkonzern RWE eine Erklärung, wonach er zum 1. August die Preise anheben will. Hat RWE gehofft, dass die Nachricht im Fußballtrubel untergeht? „Das hat damit gar nichts zu tun“, erklärte der Sprecher der RWE-Vertriebstochter, Klaus Schultebraucks.

Es gilt eine gesetzliche Frist, wonach Stromversorger ihre Kunden mindestens sechs Wochen vor einer Preiserhöhung informieren müssen, um ihnen die Gelegenheit zu geben, ihren Vertrag außerhalb der Frist zu kündigen. Spätestens am heutigen Samstag muss die Nachricht demnach alle zwei Millionen betroffenen RWE-Kunden erreicht haben, soll die Erhöhung wirksam werden. Der Beschluss sei zwar bereits vor wenigen Wochen gefallen, es sei jedoch logistisch schwierig gewesen, alle Kunden schriftlich zu informieren, erklärte Schultebraucks.

Der westdeutsche Grundversorger erhöht erstmals seit 16 Monaten wieder die Tarife, diesmal um 1,5 Cent je Kilowattstunde. Für einen durchschnittlichen Haushaltskunden mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr entspreche dies einer Mehrbelastung von monatlich 5,22 Euro inklusive Umsatzsteuer – oder einer Anhebung von rund 7,3 Prozent.

Der Schritt von RWE bestätigt den allgemeinen Trend auf dem Strommarkt. Nach sinkenden Strompreisen im Jahr 2008 vollzieht sich jetzt eine Wende. Nach Angaben der beiden Online-Verbraucherportale Verivox und Toptarif hat schon die Hälfte aller 876 Grundversorger in Deutschland in diesem Jahr die Preise angehoben – zuletzt auch Marktführer Eon. RWEs Preisrunde fällt mit mehr als sieben Prozent überdurchschnittlich heftig aus. Berlins Grundversorger Vattenfall Europe hatte zuletzt zum Jahreswechsel die Tarife angehoben. „In diesem Jahr wollen wir die Preise nicht mehr erhöhen“, teilte ein Vattenfall-Sprecher am Freitag mit.

Alle großen Versorger begründen den Schritt mit gestiegenen Kosten durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dieses garantiert Erzeugern von Strom aus Wind, Wasser, Sonne, Biomasse feste Vergütungssätze, die über den Marktpreisen für konventionell erzeugten Strom liegen. Dieses Subventionsmodell, das klimafreundliche Techniken fördern soll, wird weltweit kopiert. Das Geld erhalten die Ökostromerzeuger – Privatleute ebenso wie Großinvestoren – nicht vom Staat, sondern von den Stromnetzbetreibern, die sich die Ausgaben von ihren Stromkunden zurückholen. Je mehr förderungsfähige Solaranlagen oder Windräder also ans Netz gehen, desto mehr Geld muss umverteilt werden. Die Kosten seien zu Jahresbeginn um 55 Prozent gestiegen, und man habe sie ein halbes Jahr lang nicht in den Endkundenpreis einfließen lassen, heißt es jetzt bei RWE. Eine weitere Preisrunde sei in diesem Jahr nicht geplant – „sofern der Staat nicht weiter die Steuern und Abgaben erhöht“, warnte Unternehmenssprecher Schultebraucks.

Mit dem Satz öffnete er eine Hintertür. Denn Kanzlerin Angela Merkel ließ am Freitag mitteilen, dass die Festlegung auf die jüngst angekündigte Brennelementesteuer „endgültig“ sei. Damit will der Bund ab 2011 jährlich 2,3 Milliarden einnehmen. Es wird erwartet, dass die Regierung den Atomkonzernen im Gegenzug eine Laufzeitverlängerung ihrer Atomkraftwerke genehmigt. Die Einnahmen dadurch dürften die 2,3 Milliarden Ausgaben bei weitem übersteigen.

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