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Keine Zeit für kühle Köpfe: Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP, im Vordergrund)

© dpa

Energiepolitik: Erneuerbares für den Wahlkampf

Die Energiewende wird bald mehr sein als ein Tauziehen zwischen Altmaier und Rösler: Sie hat Potential zum Wahlkampfthema, meint Alfons Frese. Erneuerbare Energie und Strompreis sind dabei nicht die einzigen Knackpunkte - es gibt noch eine dritte, fast vergessene, Baustelle.

Es ist doch schön, dass ab und zu gewählt wird. Wahltage bringen Politiker in Schwung und haben dabei therapeutische Wirkung, wie sich an Peter Altmaier und Philipp Rösler beobachten lässt. Diese beiden Minister sind aufseiten der Politik die Protagonisten der Energiewende – und die Problembären der Regierung. Denn die Zweifel an der Energiewende sind auch deshalb immer größer geworden, weil sich der Umweltminister nicht mit dem Wirtschaftsminister über einzelne Wendemanöver verständigen konnte. Der schwarz-gelbe Murks geht auch auf Kosten der Verbraucher, die in diesem Jahr 13 Prozent mehr für Strom zahlen als 2012. Womöglich hätte sich im Spätsommer – ein paar Tage vor dem 22. September – abgezeichnet, wie es mit den Preisen 2014 weitergeht. Eine gefährliche Sache für Angela Merkel.

Die Erfinderin der Energiewende, die einst eine konstante Umlage für den Ökostrom versprach, hat ihren Ministern den Auftrag zur Kooperation erteilt. Und die haben geliefert. Vor ein paar Monaten noch meinte Altmaier, eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) sei in dieser Legislaturperiode nicht mehr möglich – zu kompliziert der Sachverhalt, zu destruktiv der Koalitionspartner. Jetzt legt er gemeinsam mit Rösler Maßnahmen vor, die Einsparungen von fast zwei Milliarden Euro bringen sollen, die EEG-Umlage bis 2014 festschreiben und danach die Preissteigerung auf einen läppischen Prozentwert begrenzen. Das klingt gut. Aber ist es gut? Oder wird mit der Strompreisbremse der Klimaschutz ausgebremst, wie die Erzeuger des grünen Stroms meinen?

Tatsächlich hat sich in der Wahrnehmung und Gewichtung des Zieldreiecks der Energiepolitik – Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit – eine Verschiebung zulasten des Umweltschutzes ergeben. Der Klimawandel ist für viele Menschen bestenfalls ein bedrohliches Phänomen in der Zukunft, der Strom indes muss jeden Monat bezahlt werden. Und der hohe Preis ist eben auch eine Folge des Erfolgs der erneuerbaren Energien und des entsprechenden Gesetzes. Von der rot-grünen Regierung im Jahr 2000 eingeführt, hat das Gesetz bewirkt, dass heute ein Viertel des Stroms grün ist. Das EEG war so erfolgreich, dass wir es uns nicht mehr leisten wollen.

Die Grundlagen des EEG sind der Einspeisevorrang für Ökostrom und die festen Vergütungssätze. Der Absatz ist ebenso garantiert wie der Preis, und das völlig unabhängig von der Nachfrage. In der Folge ist der ganze Strommarkt durcheinander geraten, das Zusammenspiel von konventioneller und erneuerbarer Energie funktioniert nicht, die für den grünen Strom erforderlichen Netze gibt es ebenso wenig wie ausreichend Speicher. Überhaupt ist der Wildwuchs an Fördertöpfen und Ausnahmetatbeständen inzwischen so üppig, dass jede Menge Lobbyisten den Politikern die Richtungen weisen wollen zu einem neuen Marktdesign der Stromwirtschaft.

Wenn Altmaier und Rösler nun zur Machete gegen Wildwuchs greifen, dann hat der FDP-Mann die größere Schlagkraft. Rösler wollte das EEG „radikal“ ändern, und im Wahlkampf kann sich der blasse Wirtschaftsminister und Parteichef nun als Abwickler des Ökostromgesetzes präsentieren. Für eine erfolgreiche Energiewende reicht das nicht. Im Gegenteil, die Wende geht nach hinten. Ist aber erst mal der Schwung weg beim Ausbau der Erneuerbaren, dann dürfte demnächst ein anderes Datum zur Debatte stehen: Können wir wirklich 2022 das letzte Atomkraftwerk abschalten?

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