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Wirtschaft: Energiewende im großen Stil

Wegen der neuen Förderpolitik begeistern sich auch die Konzerne für Erneuerbare. EU-Kommissar Oettinger warnt vor den Kosten

Berlin - Während kleine und mittelständische Unternehmen der heimischen Solarindustrie ums Überleben kämpfen, beginnen die großen Energie- und Industriekonzerne ihren Frieden mit der Energiewende zu machen. Das wurde am Montag auf der „Jahrestagung Erneuerbare Energien“ deutlich, einem vom „Handelsblatt“ organisierten Branchentreffen.

Dort bescheinigte etwa Hannes Reuter, der die Siemens-Windkraftsparte vertritt, der Bundesregierung, dass diese die Investitionen in Hochseewindenergie deutlich attraktiver gemacht hat. „Die Bedingungen reichen nun an die in Großbritannien heran“, sagte er und bezog sich damit vor allem auf die ab 2012 geltende Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und einem neuen Fördertopf mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro, der die ersten zehn großen Offshorewindprojekte anschieben soll. Er wies zugleich den oft geäußerten Vorwurf zurück, von diesen Mitteln würden ausschließlich die Großen der Industrie profitieren, weil nur sie milliardenschwere Offshoreprojekte stemmen könnten. „Es gibt auch jede Menge Raum für Schiffsbauer, Häfen, Logistiker und lokale Zulieferer“, sagte Reuter.

Auch Deutschlands größte Energiekonzerne erklärten, wie stark sie bereits in die Erneuerbaren Energien involviert sind – allerdings weniger mit kleinen, dezentralen Anlagen als vielmehr mit Großprojekten vor allem im Ausland. So bezifferte ein Manager von RWE Tochter Innogy die bereits installierte Ökostromleistung des Konzerns auf 2400 Megawatt. Im US-Bundesstaat Georgia habe man jetzt zudem die weltgrößte Fabrik für Biomassepellets in Betrieb genommen, die unter anderem klimaneutralen Brennstoff für ein Kohlekraftwerk in Holland produziert.

Cord Landsmann, Finanzchef von Eons Erneuerbare-Sparte sagte, dass sein Konzern sogar bereits 4000 Megawatt in Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung am Netz habe. Sieben bis acht große Offshorewindparks in der Nordsee seien im Stadium der Planung, wie auch Onshoreprojekte in den USA.

Aber gerade das Beispiel Eon zeigt, dass die großen Spieler keine wirklich transparente Strategie verfolgen. So erklärte Eon-Manager Landsmann: „Eon wird trotz Förderung keinen Megawatt Fotovoltaik in Deutschland installieren, sondern lieber im sonnigen Südeuropa“. Er wollte damit erklären, dass es seinem Unternehmen eben nicht darauf ankomme, die hohen Subventionen im relativ schattigen Deutschland abgreifen zu wollen. Auf eine Nachfrage aus dem Plenum musste er aber bestätigen, dass Eon auch seinen deutschen Kunden neuerdings sehr wohl Solaranlagen verkauft. Die Module stammen ausgerechnet aus China. Insofern macht Eon sehr wohl ein Geschäft auf Kosten der Stromkunden, die die hohen Solarsubventionen zahlen.

Am Nachmittag trübte auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) die Stimmung auf der Fachtagung, als er in seiner Rede vor „gefährlich hohen Strompreisen“ warnte. Für energieintensive Betriebe werde das zum Problem, sagte er laut der Agentur dpa. Das deutsche EEG, mit dem alle Stromverbraucher mit 3,5 Cent je Kilowattstunde die Ökoenergien fördern, sei zwar ein Erfolgsmodell. Die üppige Förderung drohe aber mit dem EU-Wettbewerbsrecht zu kollidieren, das Gesetz brauche daher „eine sanfte Landung“, verlangte Oettinger. Er forderte die deutsche Energiewirtschaft auf, Frieden zu schaffen und Konzerne wie RWE und Eon leben zu lassen. Man brauche ein paar Unternehmen, die in der Champions League spielen, um sich im europäischen Energiemarkt zu behaupten. Kevin P. Hoffmann

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