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Wie geht’s weiter? Auch nach knapp 15 Monaten Insolvenz ist die Zukunft der Warenhauskette Karstadt und von rund 25 000 Mitarbeitern weiterhin unsicher. Foto: dpa

© dpa

Entscheidung in Sicht: Countdown für Karstadt

Am Donnerstag beraten die Gläubiger des Vermieters Highstreet in London über die Zukunft der Warenhauskette. Eine Einigung scheint in Sicht. Ende gut, alles gut?

In einer feinen Anwaltskanzlei in der Londoner City wird am heutigen Donnerstag über das Schicksal vieler deutscher Warenhäuser entschieden – zumindest sehr wahrscheinlich. Denn bei aller gebotenen Skepsis, die das langwierige Geschacher um die insolvente Kaufhauskette Karstadt nahelegt, scheint nun die Stunde der Wahrheit tatsächlich gekommen. Der Privatinvestor Nicolas Berggruen und das Konsortium Highstreet, Vermieter von 86 der 120 Filialen, haben sich auf niedrigere Mieten geeinigt. Nur die Gläubiger von Highstreet müssen die geringeren Einnahmen noch akzeptieren.

Das wird allgemein erwartet. „Die Gespräche gehen alle in die richtige Richtung“, erklärte Richard Speich, Sprecher von Highstreet, am Mittwoch. „Wir sind optimistisch, dass die Abstimmung in London so abläuft, wie sich die Beschäftigten das erhoffen“, sagte Margret Mönig-Raane, Vize-Chefin von Verdi, dem Tagesspiegel. Das sei in den vergangenen Wochen nicht immer so gewesen.

Für Unruhe und zahlreiche Gerüchte hatte der italienische Kaufhausmogul Maurizio Borletti gesorgt, der Anfang August und erneut am vergangenen Wochenende ein eigenes Angebot für Karstadt vorgelegt hatte. Borletti ist mit einem geringen Anteil an Highstreet beteiligt und steckte bereits hinter dem Konzept, das die Vermietergruppe im Mai dem Gläubigerausschuss vorstellte, der sich dann für Berggruen entschied.

Im seit Monaten schwelenden Poker um Karstadt ist Borletti der Einzige, der wirklich über Erfahrung mit Warenhäusern verfügt. Sowohl die italienische Kaufhauskette „La Rinascente“ als auch die französischen Häuser von „Printemps“ zählen zu seinem Imperium. Bei beiden Investments ist auch eine Tochter der Deutschen Bank beteiligt, die wiederum neben der US-Bank Goldman Sachs zu den Haupteigentümern von Highstreet gehört.

Das sorgte für Verwirrung. „Wir hatten befürchtet, dass Borletti als Strohmann der Deutschen Bank vorgeschickt wurde, um bei Karstadt ein Zerschlagungszenario vorzubereiten“, sagte Mönig-Raane. Die Gerüchte gingen so weit, dass sich selbst Berggruen öffentlich über das Frankfurter Geldhaus beschwerte. Die Deutsche Bank blockiere die Verhandlungen mit Highstreet, lautete der Vorwurf.

Das scheint nun vom Tisch. Deutsche- Bank-Vorstand Jürgen Fitschen stellte sich hinter die Offerte von Berggruen. Der Insolvenzverwalter von Karstadt, Klaus Hubert Görg, lehnte das Angebot von Borletti zweimal vehement ab. Auch bei Highstreet hieß es am Mittwoch: „Die Frage nach Borletti stellt sich nicht.“

Doch auch bei Berggruen gibt es noch strittige Fragen – und wenig Zeit, sie zu klären. Am Freitag um zehn Uhr entscheidet das Amtsgericht Essen, ob die Bedingungen des Kaufvertrags erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, könnte Karstadt zerschlagen werden. Zwar könnte das Gericht auch die Frist verlängern, wie schon drei Mal geschehen. Doch das wurde zuletzt ausgeschlossen.

Deshalb verlieren die Verantwortlichen keine Zeit. „Es wird weiterhin ununterbrochen verhandelt“, versicherte ein Insider am Mittwoch.

Dabei geht es um zwei verschiedene Gruppen von Gläubigern innerhalb des komplexen Highstreet-Gebildes. Das sind zum einen eine Reihe von Investoren, die direkt an 44 der Karstadt-Immobilien beteiligt sind. Deren Vertreter treffen sich am Donnerstag in London. Ihre Zustimmung gilt als wahrscheinlich.

Schwieriger ist es mit den direkten Gläubigern von Highstreet, die einst Geld für die Immobilien zur Verfügung stellten, dafür aber keine Anteile an den Häusern bekamen, sondern höhere Zinsen. Jeder dieser Gläubiger, darunter mehrere Hedgefonds, muss dem Vorschlag von Berggruen zustimmen.

Hängt Karstadts Zukunft also letztlich an einigen Heuschrecken? Verdi sieht das anders. „Egal, was passiert, die Verantwortung liegt bei Goldman Sachs und der Deutschen Bank“, sagte Mönig-Raane.

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