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Entwicklungshilfe: Mit Schätzchen helfen

Bürger sollen mit einer neuen zinslosen Geldanlage Entwicklungshilfe leisten. Denn: Die Zusicherung Deutschlands, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe aufzuwenden, kann laut Entwicklungsminister Dirk Niebel nicht allein aus Steuermitteln finanziert werden.

42 Prozent der Deutschen haben sich mitten in der Wirtschaftskrise für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe ausgesprochen. Das ergab eine Infratest-Umfrage Ende 2009. Geht es nach Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP), können die Bundesbürger ab 2012 dazu selbst ihren Beitrag leisten – indem sie einen zinslosen „Entwicklungsschatzbrief“ kaufen. Das daraus erlöste Geld soll direkt in die Hilfe für die ärmsten und armen Länder fließen und mit dafür sorgen, dass Deutschland seine Zusage bis 2015 doch noch erreicht. Dann sollen 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungshilfe aufgewendet werden.

Die Bundesregierung, so sieht es eine Vorlage aus dem Finanzministerium vor, denkt an eine versuchsweise Einführung eines Bundesschatzbriefes zunächst für ein Jahr. Er soll zweckgebunden für die Entwicklungshilfe sein. Zinsen und Rendite wirft dieser Entwicklungsschatzbrief nicht ab, allerdings soll er inflationsindexiert sein und damit Kaufkraftverluste auffangen. Der Anleger behielte also sein eingesetztes Kapital plus Inflationsausgleich. „Das Angebot richtet sich an Menschen, die nicht spenden, also ihr Geld wiederhaben wollen, aber nicht auf die Rendite schielen“, umschreibt Niebel die Idee. Auflegen würde einen solchen Bundesschatzbrief die für die Geldbeschaffung des Bundes zuständige Finanzagentur Bundesrepublik Deutschland in Frankfurt am Main. Dort können Anleger auch kostenfreie Depots führen.

Wie viel Geld ein Entwicklungsschatzbrief einspielen könnte, ist offen. Das Interesse an ähnlichen ethischen Geldanlagen ist zweifellos da. Nach Angaben der Marktplattform Nachhaltiges Investment gab es im deutschsprachigen Raum 2010 mehr als 350 nachhaltige Publikumsfonds mit einem Anlagevolumen von rund 34 Milliarden Euro. Die beiden wichtigsten Ethik- und Öko-Banken in Deutschland hatten 2010 auch als Folge der Finanzkrise starken Zulauf. Bei der Bochumer GLS Bank stiegen die Einlagen um eine halbe Milliarde auf 1,6 Milliarden Euro, bei der Nürnberger Umweltbank um rund 200 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro.

Selbst Niebel nennt das 0,7 Prozent- Ziel „sehr sportlich“. Mit Steuermitteln allein sei es kaum zu erreichen. Der Etat seines Ministeriums müsse um zehn Milliarden Euro aufgestockt werden, um die Zusage einzuhalten. Faktisch entfernt sich Deutschland, so die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, immer weiter von dem Ziel. 2008 lag die Quote bei 0,38 Prozent, dann rutschte sie auf 0,35 Prozent ab. 2010 soll sie laut Ministerium bei 0,4 Prozent gelegen haben.

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