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Wirtschaft: Erdgasländer machen gemeinsame Sache

Ziel ist die Gründung eines Kartells

Moskau - Erdgas ist einer der wichtigsten Energielieferanten weltweit geworden. Jetzt wollen sich die Förderländer besser absprechen und ihre Position gegenüber den Industriestaaten stärken. Das ist das Ergebnis eines Treffens von 14 Staaten des Forums Erdgas exportierender Länder (GEFC), das am Montag in Doha tagte. Mehr als 70 Prozent der weltweit erkundeten Gasvorräte und 40 Prozent der Förderung entfallen auf diese Staaten. Jetzt wollen sie prüfen, wie die bisher lose Zusammenarbeit vertieft werden kann.

Mögliches Ziel ist eine Organisation, die ähnlich der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) die Interessen der Erdgasförderländer koordinieren und vertreten soll. Im Westen sieht man die Pläne mit Unbehagen: Die Gründerstaaten sind politisch autoritär bis totalitär verfasst. Vor allem aber: Gas wird nach Meinung von Experten in den kommenden Jahrzehnten Erdöl zunehmend den Rang ablaufen. Damit aber werden sich auch die bisher an die Entwicklungen auf dem Ölmarkt gekoppelten Gaspreise verselbstständigen und kräftig anziehen. Vor allem dann, wenn es den Exporteuren gelingt, sich zu verbindlichen Preisabsprachen zusammenzuraufen.

Versuche dazu gab es mehrfach, Vorbereitungskonferenzen scheiterten jedoch an den politischen Ambitionen der Gastgeber: Iran und Venezuela, die das Kartell der Gasbarone als „antiwestliches Erpressungsinstrument“ designen wollten, wie die kremlnahe „Iswestija“ kritisierte. Daran, so ein von der Wirtschaftszeitung „Kommersant“ zitierter Topmanager des russischen Gaskonzerns Gasprom, wäre um Haaresbreite auch die Konferenz in Doha gescheitert. Vor allem russisches Verhandlungsgeschick hätte am Vorabend einen Kompromiss ermöglicht. Moskau sieht die Liberalisierung des europäischen Gasmarktes, die am 1. Juli in Kraft tritt, vor allem als Chance für die Beteiligung russischer Konzerne am lukrativen Geschäft mit den westeuropäischen Endkunden. Neue Irritationen – durch Moskaus Energiestreitigkeiten mit der Ukraine und mit Weißrussland war auch die Versorgung Westeuropas kurzzeitig unterbrochen – kann sich der Kreml daher nicht leisten. Energieminister Viktor Christenko war daher mit klaren Verhandlungsdirektiven an den Golf geflogen: Offiziell dürfe man den Bedenkenträgern der Antimonopolisten mit der neuen Organisation keine Angriffsfläche bieten, inoffiziell müsse diese jedoch die Weichen für die Aufteilung der Welt in Einflusszonen der Gasexporteure und damit langfristig auch für eine gemeinsame Preispolitik stellen.

Details sollen auf einer Konferenz Anfang 2008 in Moskau beschlossen werden. Ohne Russland, das mit einem Anteil von 32 Prozent der mit Abstand größte Exporteur weltweit ist, ergibt das neue Kartell keinen Sinn. Präsident Wladimir Putin gab aber seinen Widerstand gegen eine Gas-Opec erst im Februar bei einer Reise durch die arabischen Staaten auf. Konfliktpunkte gibt es weiter genug. In Moskau soll es kommendes Jahr um gemeinsame Investitionen in den Bau von Gasverflüssigungsanlagen und Hafenterminals weltweit gehen. Schon beim Poker um die regionale Verteilung der Standorte droht aber Zoff. Ebenso bei „Maßnahmen zur Vermeidung unnötiger Konkurrenz“, auf die Moskau ebenfalls drängt. Denn die Mehrheit der Exporteure konzentriert sich auf westliche Märkte und liefert sich dort momentan einen knallharten Verdrängungswettbewerb.

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