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Baden ging Ergo mit einer Sex-Party, zu der 2007 rund 100 Vertriebler ins berühmte Gellertbad in Budapest geladen wurden. Foto: p-a/dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Ergo gelobt Besserung

Der Versicherer will mit einem Verhaltenskodex für Mitarbeiter das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen

Düsseldorf -Der Versicherer Ergo will seinen Vertretern klarere Verhaltensregeln verordnen und Kunden besser beraten. Der Düsseldorfer Konzern präsentierte hierzu am Mittwoch ein Maßnahmenpaket. „Viele Vorwürfe hatten einen wahren Kern“, räumte Ergo-Chef Torsten Oletzky ein. Man sei zuletzt durch eine „schwierige Phase“ gegangen. Wegen einer Sexreise für Vertriebsmitarbeiter und zu kostspieligen Verträgen steht das Unternehmen seit Wochen in den Negativschlagzeilen.

Der Konzern hat nun einen Verhaltenskodex erarbeitet, der „integres Verhalten“ vorschreibt und verbindlicher Bestandteil aller Vertreterverträge werden soll. Ergo will ferner in den Produktinformationsblättern neben den Vorteilen von Produkten auch „über das gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß hinaus“ auf Nachteile hinweisen, sagte Oletzky. Ein Marktforschungsunternehmen soll mit verdeckten Testkäufen beauftragt werden. Jeder Kunde soll außerdem die Möglichkeit erhalten, seinen Vertriebspartner zu bewerten. Die Ergebnisse sollen dann im Internet veröffentlicht werden.

Der Konzern hat eine Arbeitsgruppe aus fünf Vorstandsmitgliedern gegründet, in der nun beraten werden soll, wie es mit dem Strukturvertrieb der Hamburg Mannheimer (HMI) weitergeht. Auf die Frage, ob auch eine Trennung von der 2010 übernommenen HMI oder Änderungen bei den Provisionen diskutiert werden, sagte der Ergo-Chef, es gebe „keine Denkverbote“, fügte aber hinzu: „Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass ein extremes Szenario das tatsächliche Szenario wird.“

Oletzky stellte die Ergebnisse der externen Prüfung vor, mit der der Konzern die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) beauftragt hatte. Vertreter der Ergo-Tochter Hamburg Mannheimer hatten 2007 in Budapest eine Sexparty auf Firmenkosten gefeiert. „Die Frage, wie so etwas so lange unentdeckt geblieben ist, kann man stellen“, räumte Oletzky ein. Die Beteiligten hätten allerdings alles versucht, um möglichst wenig Spuren zu hinterlassen, etwa indem sie nicht einzelne Kostenpunkte ausgewiesen, sondern Sammelabrechnungen eingereicht hätten. PwC- Partner Steffen Salvenmoser bescheinigte Ergo, dass die jetzt durchgeführte Untersuchung der Konzernrevision sachgerecht und vollständig war.

Ein weiterer Vorwurf betrifft die Riester-Verträge von Ergo. Der Konzern hatte im Jahr 2005 rund 12 000 Kunden durch einen Fehler in den Antragsformularen höhere Kosten abgerechnet als ausgewiesen. Der Fehler war Mitarbeitern, nach Angaben von Oletzky gar mehreren Abteilungsleitern, bekannt, wurde aber erst nach einem entsprechenden Pressebericht 2011 in seiner Größe erkannt.

Ergo will die fehlerhaften Verträge nun korrigieren. Die Kosten schätzt der Konzern auf rund fünf Millionen Euro. Der Fehler sei im Kleingedruckten der Riester-Verträge entstanden. „Es ist eine Ironie des Schicksals, dass das genau der Versicherung geschieht, die von sich selbst sagt, sie wolle das Kleingedruckte abschaffen“, sagte Oletzky. Letztlich konnten Ergo und PwC nicht erklären, wie es zu dem Fehler kam. „Es war am Ende nicht möglich, die erste Quelle für den Fehler zu identifizieren“, sagte Salvenmoser.

Ergo sieht auch ehemalige Vertreter hinter der Serie von Vorwürfen gegen das Unternehmen. Alles habe am 20. April mit einer Zeitungsanzeige der Ex-Vermittler begonnen, sagte Oletzky. Mit ihnen streite sich das Unternehmen um finanzielle Ansprüche. Oletzky schloss nicht aus, dass weitere Vorwürfe folgen. So gebe es Gerüchte, dass für die betriebliche Altersvorsorge „Landschaftspflege“ – also Einflussversuche – bei Betriebsräten und Personalabteilungen betrieben worden sei. Bislang gebe es dafür aber keinen ausreichend konkreten Anhaltspunkt.

Ergo hat bereits Strafanzeige wegen versuchter Erpressung erstattet. Hintergrund war offenbar die Androhung der Veröffentlichung, falls finanzielle Ansprüche nicht erfüllt werden. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat aber noch nicht entschieden, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleitet. Laut Ergo habe es in den vergangenen Wochen aufgrund der Negativschlagzeilen 500 Stornofälle gegeben. Das Neugeschäft entwickele sich aber weiter gut.

Glimpflich ging für Ergo eine vor der Konzernzentrale angekündigte Facebook-Party aus. Die von Satirikern gegründete „Partei“ hatte im Internet in Anspielung auf die Sexreise nach Budapest zu einer Party „in Bademänteln, mit Sektflaschen und blauen Armbändern“ aufgerufen. 500 Gäste hatten sich auf der Facebook-Seite angekündigt. Gekommen waren nur fünf. HB/dpa

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