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Jugend-Stil. In der Gellert-Therme feierten Mitarbeiter eine Sex-Party.Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Ergo: Lustreisen wird es weiter geben

Ergo will Vertreter auch in Zukunft belohnen, aber sonst alles anders machen.

Ein „sehr schwerer Rückschlag“ sei das gewesen, räumt Torsten Oletzky, Chef des zweitgrößten deutschen Versicherungskonzerns Ergo, ein. In die millionenschwere Werbekampagne („versichern heißt verstehen“), mit der sich die Tochter der Munich Re als kundenfreundliches Unternehmen präsentieren wollte, platzte im Mai dieses Jahres die Meldung von der Sexreise nach Budapest, mit der der konzerneigene Strukturvertrieb HMI seine Topvertreter belohnt hatte. Zwar lag die Party, bei der sich besonders verdiente Vertreter mit Prostituierten vergnügt hatten, schon vier Jahre zurück, das änderte aber nichts an der öffentlichen Entrüstung. Wenige Monate später sah sich Ergo mit weiteren Vorwürfen konfrontiert. Bei der betrieblichen Altersversorgung sollen Kunden über den Tisch gezogen worden sein, hieß es.

Nun zieht der Versicherer Konsequenzen. Die Vertreter der HMI sollen künftig zentrale Vorgaben für ihre Beratung bekommen, sagte Ergo-Vertriebsvorstand Rolf Wiswesser. Zudem hätten sich die mächtigen „Ur-Generäle“, die an der Spitze der Vertriebsorganisation stehen, bereit erklärt, das Unternehmen zu verlassen. Um den Neuanfang zu dokumentieren, soll HMI im Januar nächsten Jahres umbenannt werden. Der neue Name stehe zwar noch nicht fest, betonte Wiswesser, aber klar sei, dass die Marke Ergo dort auftauchen soll. Belohnungsreisen für Vertreter soll es trotz der Sexsause in Ungarn auch in Zukunft geben, allerdings sollen die Reisen künftig von der Zentrale gebucht und organisiert werden. Dass man trotz des Skandals an der HMI festhalte, liege daran, dass man nicht Tausende für das „unbestreitbare Fehlverhalten“ weniger in Mithaftung nehmen wolle, sagte Wiswesser.

Auch bei der betrieblichen Altersvorsorge, in der die Ergo mit 1,3 Millionen Verträgen nach der Allianz die Nummer zwei in Deutschland ist, gelobt der Vorstand Besserung. Man habe die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers damit beauftragt, die umstrittenen Verträge zu untersuchen. Fazit: „Es gab kein systematisches Fehlverhalten“, betonte Oletzky. Allerdings habe die Überprüfung einzelne Verstöße aufgedeckt. Die festgestellten Unregelmäßigkeiten würden nun mit den Kunden besprochen und bereinigt.

Ergo war vorgeworfen worden, dass Vertreter günstige Rahmenverträge zur betrieblichen Altersvorsorge ignoriert haben sollen und Arbeitnehmern stattdessen teurere Einzelverträge verkauft haben sollen. Von gut 808 000 Verträgen seien nur 409 entdeckt worden, bei denen auch der Abschluss eines Kollektivvertrags möglich gewesen wäre und sich die Entscheidung für den Einzelvertrag nicht begründen lässt, teilte Frank Neuroth mit, der im Ergo-Vorstand für die betriebliche Altersvorsorge zuständig ist. Auch der Vorwurf, Ergo habe Entscheidungsträgern in Firmen Provisionen gezahlt und diese dazu bewegt, ungünstige Verträge zu schließen, habe sich nur in drei Fällen erhärtet, teilte Neuroth mit. Diese Vorgänge werden jetzt der Staatsanwaltschaft übergeben.

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