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Windraeder

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Erneuerbare Energien: Deutschland macht Wind

Glänzende Geschäfte in Zeiten des Klimawandels: Fast ein Zehntel der Energie ist schon öko. Doch die Branche warnt vor einem Rückgang der staatlichen Förderung.

Berlin - In keinem anderen Land werden erneuerbare Energien so stark ausgebaut wie in Deutschland. Mittlerweile komme fast ein Zehntel der gesamten verbrauchten Energie aus regenerativen Quellen, wie der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) am Dienstag in Berlin erklärte. Die Nutzung von Wind und Sonne habe 2007 Rekordwerte erreicht. Allerdings müsse die Bundesregierung ihre Förderpolitik ändern, wenn das Wachstumstempo nicht abnehmen solle.

Energie aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse machte im vergangenen Jahr 9,1 Prozent des gesamten Bruttoenergieverbrauchs aus, bilanzierte BEE-Präsident Johannes Lackmann. Im Vorjahr waren es noch 8 Prozent gewesen. Durch das Wachstum seien 14 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) eingespart worden – so viel stößt eine Millionenstadt wie Köln in einem ganzen Jahr aus. Der Zuwachs geht insbesondere auf das Konto des Ökostroms: Jede siebte hierzulande verbrauchte Kilowattstunde wird umweltschonend erzeugt, im Vorjahr war es nicht einmal jede achte. Allein dieses Wachstum auf 87 Milliarden Kilowattstunden entspreche der Jahresproduktion eines Atomkraftwerks, hieß es beim BEE.

Beim Ökostrom expandierte vor allem die Windenergie. Allerdings nicht, weil so viele neue Anlagen gebaut wurden, sondern weil der Wind ordentlich wehte. Beinahe Stagnation gab es beim Verbrauch von Biokraftstoffen, die aus Pflanzen wie Raps oder Mais hergestellt werden. Die Besteuerung des Biodiesels sei dafür verantwortlich, befand Nitzschke. Biokraftstoffe werden zu Benzin und Diesel hinzugemischt. Auch bei der ökologisch erzeugten Wärme gab es kaum Veränderung. Den größten Anteil hatte hier Biomasse, also Kaminholz oder Holzpellets für Heizungen. Nur geringe Mengen stammen aus Solar- oder Erdwärme.

Bis 2020 will die Koalition den Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien auf 25 bis 30 Prozent steigern, um Kohlendioxid einzusparen. „Umgesetzt ist von den Ankündigungen noch nichts“, bemängelte Lackmann. Dabei sei der Ausbau der Ökoenergien das effektivste Instrument zum Klimaschutz. „Die anstehenden Vorhaben müssen neue Impulse setzen.“ Die Ankündigungen der Regierung reichten aber nicht aus, um mehr Ökoenergien zu bekommen. Bis zum Sommer soll ein Gesetzespaket dazu verabschiedet sein.

Der BEE sieht noch ein großes Wachstumspotenzial – und zwar in allen Sparten. Die größten Möglichkeiten biete der Wärmemarkt. „Binnen kurzer Zeit wäre eine Verdopplung des Marktanteils möglich“, sagte Lackmann. Er hält es für sicher, dass die Energiekosten weiter steigen werden. Deshalb seien viele Verbraucher verunsichert. „Es gibt einen erheblichen Investitionsstau.“ Wegen der hohen Kosten könne aber nicht jeder Verbraucher ohne Hilfe des Staates auf eine umweltfreundliche Heizung umsteigen.

Auch beim Biodiesel gebe es Handlungsbedarf. Die höhere Besteuerung seit Jahresanfang müsse zurückgenommen werden, sonst seien viele Mittelständler bedroht. Mehr Geld verlangt der Verband auch für den eingespeisten Ökostrom. Der Preis, der per Gesetz geregelt wird, müsse steigen, findet der BEE. Präsident Lackmann verteidigte die Subventionen für seine Branche. Erst wenn alle Energieträger für ihre Folgekosten aufkämen, könnten auch die Erneuerbaren auf Zuschüsse verzichten. In der Branche arbeiteten bereits 250 000 Menschen.

Die Förderung rechne sich auch volkswirtschaftlich. „Der Wert der erneuerbaren Energie summierte sich 2007 auf sechs Milliarden Euro“, sagte BEE-Geschäftsführer Milan Nitzschke. Dafür hätte Deutschland ansonsten Öl, Gas, Kohle oder Uran importieren müssen. Im Gegenzug subventionierten Staat und Verbraucher die Umweltenergien mit zusammen rund fünf Milliarden Euro.

Die Regierung wies die Kritik des BEE zurück. Die allmähliche Absenkung der Einspeisetarife für Ökostrom sei „realistisch und richtig“, sagte ein Sprecher von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD), da die Wirtschaftlichkeit zugenommen habe. Bei Häusern und Wohnungen sei man zudem zuversichtlich, den Anteil erneuerbarer Energien mit den neuen Gesetzen spürbar zu steigern.

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