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Erneuerbare Energien: Energiekonzept mit Hilfe aus Brüssel

Der europäische Energiekommissar Oettinger will die Förderung erneuerbarer Energien vereinheitlichen. Bundesumweltminister Röttgen allerdings nicht nicht - er hält die Pläne sogar für ziemlich bedrohlich.

Berlin - Das „Zeitalter der erneuerbaren Energien“ hat die Bundesregierung ausgerufen. Der europäische Energiekommissar, Günther Oettinger, hat mit seinen Vorschlägen zum Netzausbau und dem Ausbau der erneuerbaren Energien Ähnliches versprochen. Am 4. Februar soll ein EU-Energiegipfel darüber beraten.

Am Mittwochabend traf sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Chefs der vier Energiekonzerne – Eon, RWE, EnBW und Vattenfall –, „um den Gipfel vorzubereiten“, wie es hieß. Sie hat zu dem Abendessen im Kanzleramt zudem die Chefs von Siemens, BASF und Bosch, den Bundesverband der Deutschen Industrie und zwei Netzgesellschaften eingeladen. Nicht eingeladen waren Branchenvertreter der erneuerbaren Energien. Das begründete Regierungssprecher Steffen Seibert damit, dass die Energiekonzerne selbst engagiert seien.

Oettinger hat eine in der EU inzwischen verworfene Idee, nämlich ein einheitliches Fördersystem für erneuerbare Energien, wiederbelebt. Erst vor einem guten Jahr ist eine Direktive in Kraft getreten, die den Ländern selbst überlässt, wie sie ihren Anteil erneuerbarer Energien erhöhen können. Ein offenbar erfolgreicher Ansatz, denn bis auf vier Mitgliedsländer sehen sich nach Angaben der Kommission alle in der Lage, ihre EU-Vorgaben bis 2020 zu erfüllen. Dennoch hat Oettinger ein Zertifikatesystem oder eine feste jährliche Ausbau-Quote ins Gespräch gebracht. Das käme den vier Energiekonzernen sehr recht. Denn sie sehen den rasanten Ausbau von Wind-, Biomasse- und Sonnenstrom mit Unbehagen. Zum einen haben diese Energien einen Einspeisevorrang, was dazu führt, dass sie ihre Kohle- oder Atomkraftwerke drosseln müssen. Zum anderen wächst eine Konkurrenz heran. Gäbe es eine Deckelung für die erneuerbaren Energien, wäre das Ganze für die Großen leichter zu kontrollieren, vermutet der grüne Miterfinder des Erneuerbaren Energiengesetzes, Hans-Josef Fell.

Für die grüne Fraktionsvize Bärbel Höhn ist ganz klar, was die Herren mit der Kanzlerin zu besprechen hatten: „Nachdem die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung durchgeboxt hat, versucht man jetzt über die EU das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz zu schleifen.“ Der SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sagt: „Merkel hat sich mit Eon und RWE verbündet. Sie hat sich ganz klar gegen die erneuerbaren Energien entschieden.“

Der Vorschlag Oettingers fußt auf einem Gutachten des von Eon und RWE teilfinanzierten EWI-Instituts aus Köln. Das EWI behauptet, dass ein „harmonisiertes Fördersystem“ bis 2020 rund 118 Milliarden Euro Kosten einsparen könnte. Denn dann würden Windräder oder Solarstromanlagen nur noch an den „günstigsten Standorten“ errichtet, also da, wo der Wind stark weht oder es eine hohe Sonneneinstrahlung gibt. Was das EWI nicht berücksichtigt hat, kritisiert eine neue Studie der Technischen Universität Wien und des Karlsruher Fraunhofer Instituts ISI, sind die realen Verhältnisse. Es gibt gar keine Stromleitungen, um den dann günstig produzierten Solarstrom beispielsweise nach Deutschland zu transportieren. Das EWI hat zudem errechnet, dass der Anteil erneuerbarer Energien in Irland von neun Prozent 2007 auf 92 Prozent bis 2020 wachsen könnte. Für Estland nimmt es eine Steigerung von einem Prozent auf 79 Prozent an. Die Wiener und Karlsruher Forscher halten das für ziemlich „unrealistisch“.

Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hält die Pläne sogar für ziemlich bedrohlich. Er sagte dem WDR: „Eine EU-weite Harmonisierung wäre das Aus für unser Energiekonzept. Das könnten wir in die Papiertonne werfen.“ Das Gespräch bei der Kanzlerin mag, wie aus einigen beteiligten Unternehmen verlautet, „gut gelaufen“ sein. Es waren aber eben auch nicht alle eingeladen.

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