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Dürre ist schlecht, Regen zur falschen Zeit auch: Landwirte sind dem Wetter ausgeliefert.

© dpa

Erntebilanz 2021: Die Ernte ist schon wieder schlecht

Die Hoffnungen waren groß, doch dann kam der Regen: Die Getreideernte ist unterdurchschnittlich. Doch dafür schießen die Preise in die Höhe.

Selbst die Bauern können sich auf Bauernregeln nicht mehr verlassen. Eine der wichtigsten Weisheiten aus dem Landleben lautet: „Ist der Mai kühl und nass, füllt er dem Bauern Scheun’ und Fass“. Doch trotz des Regens im Frühjahr musste Bauernpräsident Joachim Rukwied am Freitag eine eher ernüchternde Erntebilanz ziehen.

„Wir sind zunächst zuversichtlich in die Ernte gestartet“, berichtete der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV) in Berlin, doch die Hoffnungen hätten sich dann doch nicht erfüllt. Von Mitte Juni bis Mitte Juli habe in vielen Teilen Deutschlands die nötige Sonne gefehlt, um die Getreidekörner groß und die Ernte ergiebig werden zu lassen.

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Unterm Strich fiel die Getreideernte mit 42,4 Millionen Tonnen um zwei Prozent schlechter aus als im Vorjahr, im Vergleich zum Mittel der vergangenen fünf Jahre beträgt der Rückgang sogar 4,7 Prozent. Nur die Wintergerste lief gut. Der Winterweizen – die wichtigste Getreideart – und der Winterraps brachten dagegen nur unterdurchschnittliche Erträge. „Die Landwirte sind enttäuscht“, sagte Rukwied.

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Das gilt auch für seinen eigenen Hof in Baden-Württemberg. Auf rund 340 Hektar baut der Bauernpräsident dort Getreide, Zuckerrüben und Gemüse an, auf weiteren 22 Hektar stehen Weinreben. Auch hier waren die Hoffnungen groß, vor allem was die Weizenernte betrifft. Doch letztlich war die Ernte schlechter als in den vergangenen zwei Jahren. „Alle sind geknickt“, erzählt Rukwied.

Regen macht die Ernte zur Zitterpartie

Noch sind die Zahlen vorläufig, denn in vielen Bundesländern ist die Ernte noch gar nicht abgeschlossen. Das liegt am Regen. Ständige Ernteunterbrechungen durch wiederkehrende Niederschläge machen die Ernte 2021 zu einer „Zitterpartie“, betont Rukwied. Einige Kulturen haben jedoch vom Regen im Sommer profitiert: Mais, Zuckerrüben und Gemüse. Doch jetzt bräuchten auch die Zuckerrüben Sonne, um den nötigen Zuckergehalt aufbauen zu können, warnt Rukwied. Für die Kartoffelernte sieht es gut aus. Dagegen waren Spargel- und Erdbeerernte unterdurchschnittlich, beim Stein- und Kernobst sieht es ähnlich aus.

Zuversichtlich ist Rukwied jedoch, was die Weinlese angeht, obwohl viele Winzer wegen des nassen Sommers gegen Pilze kämpfen. Ein Schicksal, das auch andere Landwirte ereilt hat. Für den Bauernverband ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass man auf Pflanzenschutzmittel nicht verzichten kann. „Wir wollen aber den Einsatz weiter reduzieren“, sagt der Präsident.

Haferernte: Wegen des Booms der Hafermilch wird Hafer auf immer mehr Flächen angebaut.
Haferernte: Wegen des Booms der Hafermilch wird Hafer auf immer mehr Flächen angebaut.

© dpa

Klöckner: Sichere Ernten sind nicht selbstverständlich

Das Dürrejahr 2018, fehlende Niederschläge 2019 und 2020, Hagel, Flut und Starkregen in diesem Jahr – die Landwirtschaft leidet zunehmend unter dem Extremwetter. „Sichere Ernten sind nicht selbstverständlich“, betont auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU). Klöckner setzt auf eine Ackerbaustrategie, die mehr Fruchtfolgen vorsieht, den Aufbau von fruchtbarem Humus erweitert und die Züchtung klimaresistenter Pflanzen etwa durch gentechnische Verfahren fördert. Umweltschützer halten neue Gentechnikverfahren jedoch für eine „industriefreundliche Scheinlösung“. Die Agrarpolitik müsse Bauern stattdessen helfen, klimafreundlich zu ackern, kritisiert Olaf Bandt, Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz.

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Die Preise gehen durch die Decke

Ernteeinbußen sind kein deutsches Problem, auch in den USA und Russland fällt die Getreideernte geringer aus als erwartet. Das hat Konsequenzen: Weil die Lagervorräte schwinden, gehen die Preise in die Höhe. Für Weizen können Landwirte derzeit 215 bis 225 Euro pro Tonne erzielen, für Topware sogar 230 Euro. Doch viele Landwirte haben, um sich abzusichern, einen Teil der Ernte schon vorab verkauft – zu deutlich niedrigeren Preisen von 175 oder190 Euro pro Tonne.

Besonders krass ist das Preisgefälle beim Raps. Bauern haben hier frühzeitig Verträge über Tonnenpreise von 380 Euro geschlossen, Landwirte, die später verkauft haben, konnten immerhin 450 Euro pro Tonne erzielen. Jetzt steht der Raps bei 500 Euro pro Tonne. Und da die Rapsernte zurückgegangen ist, wird ein erheblicher Teil zu den geringeren Preisen verschleudert.

Was kostet ein Brötchen? Der Weizenpreise spielt kaum eine Rolle.
Was kostet ein Brötchen? Der Weizenpreise spielt kaum eine Rolle.

© Sebastian Gabsch PNN

Von den explodierenden Rohstoffpreisen profitieren die deutschen Bauern daher nur zum Teil, alle Landwirte leiden jedoch unter steigenden Kosten für Energie, Dünger und Ersatzteile. Verbraucher, meint Rukwied, müssten jedoch keine Angst haben, dass ihre Lebensmittel deutlich teurer werden. „Beim Brötchen macht der Weizenpreis nur einen Cent aus“, meint der Bauernpräsident. Allenfalls bei den Erdbeeren hätten die Kundinnen und Kunden vorübergehend tiefer in die Tasche greifen und bis zu fünf Euro fürs Schälchen zahlen müssen.

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