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Wirtschaft: Es fehlt die Ausstrahlung

Die Akademie der Künste sollte zu einer europäischen Einrichtung werden Von Uwe Lehmann-Brauns

Die Akademie der Künste hat eine lange, große Geschichte. Auch die Nachkriegszeit sah sie, im Westteil der Stadt, noch als lebhafte Einrichtung, gut für kulturelle Höhepunkte. Das „Living Theatre“ gastierte hier, Kontinente präsentierten sich, wichtige Ausstellungen fanden statt, der russische Regisseur Elem Klimov öffnete für Stunden den Eisernen Vorhang. Das Ostberliner Haus eher leblos, allerdings mit hervorragender Archivarbeit.

Heute hat sie, die neue wiedervereinigte Akademie der Künste Berlin-Brandenburg, ihren Vorkriegssitz wieder, am Pariser Platz 4, nächst dem Brandenburger Tor. Im neuen Haus aus Glas von Architekt Günter Behnisch, Baukosten 100 Millionen, kommt aber keine Freude auf. „Harmonie bleibt Utopie“ – wie das Motto des neuesten Ausstellungsprojekts, so die hausinterne Stimmung. Worauf beruhen Stillstand und Frust im Glashaus? Es sind nicht nur der feuchte Keller und die Furcht vor Beschädigung wertvollen Archivguts. Es geht um mangelnde Kreativität und Ausstrahlung, den Verlust der Akademie an Wahrnehmung.

Programme kommen und gehen, Workshops, Podiumsdiskussionen, Filme, Ausstellungen – aber keine Vorgaben an die Kultur, nichts „Akademisches“, Prägendes. Die Akademie reiht sich ein in das regionale Kulturangebot Berlins, verfügt aber über 180 Mitarbeiter und einen Etat von 18 Millionen Euro. Produktivere Einrichtungen wie das Haus der Kulturen der Welt oder die Berliner Festspiele werfen Ihre Schatten auf die Akademiebemühungen. Hinzu kommt die von Walter Jens mit Hilfe der damaligen großen Koalition durchgesetzte Fusion von West- und Ostakademie, ein Einheitsfehler, eine Volumenvergrößerung mit Bedeutungsverlust. Wichtig immerhin bleibt die Archivarbeit.

Bei dieser auch von Vizepräsident Matthias Flügge so bezeichneten verfahrenen Situation helfen keine strukturellen Umbuchungen, kein Zurückschneiden der Abteilungen, keine Satzungsänderungen. Was also tun?

Zu revitalisieren wäre die zunächst von Heiner Müller und Wolf Biermann vorgeschlagene Idee einer Europäischen Akademie. In ihr könnte die jetzige aufgehen zu einer Institution, die vergleichbare europäische Einrichtungen einbezieht, europäische Kulturinteressen bündelt und gegebenenfalls durchsetzt. Nicht nur das Glashaus am Pariser Platz steht zur Verfügung, sondern auch das „Stammhaus“ am Hanseatenweg – einer der gelungensten Nachkriegsbauten Berlins – mit Theatersaal, überirdischer Ausstellungsfläche, Vortragsraum, heute links liegen gelassen. Kein Neubau, keine aufwendige Infrastruktur also wäre notwendig, Europas Kulturträger fänden adäquat Raum und einen beachtlichen Etat.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann ist aufgerufen, solche europäischen Gespräche mit dem Ziel der Zusammenführung in Berlin aufzunehmen. Die Stadt wäre um einen kulturpolitischen Fokus reicher, der Etat von 18 Millionen Euro plausibel angelegt und beide Häuser, das am Pariser Platz und das am Hanseatenweg, angemessen bespielt.

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