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Wirtschaft: Es gibt nur noch Jäger und Gejagte - Konzentrationen in der Auto-Branche folgen dem Kostendruck

Die Autoindustrie teilt sich in zwei Lager: Die Jäger und die Gejagten. Täglich wird in der Branche das jüngste Fusionsgerücht gehandelt.

Die Autoindustrie teilt sich in zwei Lager: Die Jäger und die Gejagten. Täglich wird in der Branche das jüngste Fusionsgerücht gehandelt. Dass viele der Wahrheit entsprechen, hat jüngst DaimlerChrysler-Vorstand Jürgen Hubbert bestätigt: Sein Konzern verhandele unter anderem mit Honda, Mitsubishi und Peugeot über unterschiedlich enge Allianzen, zählte er der französischen Zeitung "La Tribune" auf. Für Daewoo wird ebenfalls geboten.

Hubberts Konzern gilt ebenso wie General Motors und Ford unter den "Jägern" als gesetzt. Auch VW und Toyota kann man dieser Gruppe zurechnen, auch wenn sie von Skeptikern gelegentlich als Juniorpartner einer Allianz gehandelt werden. Renault rangiert seit der Beteiligung bei Nissan zwischen den Welten, und dann beginnt das Lager der Gejagten: Peugeot-Citroen (PSA) gehört ebenso dazu wie BMW, Porsche, Mitsubishi und Honda. Daewoo und Samsung in Süd-Korea suchen ohnehin nach einer starken Schulter zum Anlehnen. Volvo fand sie bei Ford, Fiat hat sich jetzt für General Motors entschieden.

Getrieben wird die hektische Partnersuche vom Kostendruck. Willi Diez, Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft in Nürtingen, empfiehlt einen Blick in die Werbung: Der Autoboom kühlt gerade leicht ab, da bieten Händler ihre Neuwagen schon zum Einkaufspreis an. "Jeder spürt, dass es das große Wachstum in den nächsten Jahren nicht geben wird", sagt Diez.

Nach Rechnung des Weltautoverbandes Oica in Paris sind 1999 weltweit 38,7 Millionen Autos gebaut worden, vier Prozent mehr als im Vorjahr. Bei Überkapazitäten, die Diez auf 20 bis 30 Prozent schätzt, fällt dieses Wachstum praktisch nicht ins Gewicht. Erschwerend kommt hinzu, dass 40 Prozent der Kapazität in den gesättigten EU-Märkten stehen. In Asien, Lateinamerika und Zentraleuropa wird oft nur montiert, was an den Fixkosten daheim wenig ändert.

Deshalb wird auch in guten Jahren mit allen Mitteln um die Auslastung der Werke gekämpft. Das Beispiel VW zeigt, wieviel Luft in der Fertigung steckt: Die Jahresproduktion soll innerhalb weniger Jahre von 4,5 auf sechs Millionen Autos steigen - ohne eine einzige neue Fabrik.

Diez hält denn auch wenig davon, nur um der Größe Willen Kapazität einzukaufen. Das bringe nur etwas, wenn man hinterher auch Werke stilllege. Der Versuch BMWs, eine altersschwache Rover-Fabrik zu sanieren, spreche Bände. Hinzu kämen die internen Management-Probleme, die auch strategisch sinnvolle Fusionen wie DaimlerChrysler bremsten. Von der Erschließung neuer Märkte sei dort bisher nichts zu sehen.

Dennoch sind die nächsten Verflechtungen nur eine Frage der Zeit, denn der Zwang zur Menge geht einher mit dem Zwang zur breiten Modellpalette und zur Präsenz in den Wachstumsmärkten. Kein Hersteller wird alle Ziele aus eigener Kraft schnell genug erreichen.

So will DaimlerChrysler ein Viertel seines Umsatzes in Asien machen. Die Stuttgarter haben sich mit ihrer Ankündigung selbst unter Druck gesetzt und müssen in der Region eine Unternehmensbeteiligung folgen lassen. Daneben wartet der Smart auf Schwestermodelle, die ihn aus der Krise ziehen. Auch dafür braucht der Konzern allein zu lang. Fiat hätte helfen können, jetzt läuft alles auf Peugeot zu. Dort will sich DaimlerChrysler nicht beteiligen, aber das könnte sich ändern, denn im nächsten Konjunkturtal dürften die derzeit erfolgreichen Franzosen wieder Hilfe brauchen.

General Motors blickt nach dem Fiat-Deal weiter nach Asien, wo das Gebot für Daewoo bereits eingereicht ist. Zudem fehlen dem Konzern weltweit überzeugende Angebote in der Oberklasse. Über einen Einstieg bei BMW wird deshalb noch lange spekuliert werden. Ford ist hier seit dem Volvo-Kauf einen Schritt voraus, und auch in Asien hat der Konzern mit Mazda ein festes Standbein. Ford scheint sich eher auf Expansion bei den Dienstleistungen zu konzentrieren.

Die Gerüchte sprießen also weiter, nur bei VW herrscht ungewohnte Stille. Immerhin lässt Konzernchef Ferdinand Piech keine Gelegenheit aus, Konzentration zu predigen. Sie kosteten nur Zeit, Geld und Nerven, sagt Piech nach einschlägigen Erfahrungen mit Seat.

stw

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