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Wirtschaft: „Es kostet Arbeit, Preise zu sortieren“

Das Internet macht Märkte transparent – doch Infos allein zahlen sich nicht aus

Herr Klodt, hat das Internet – wie in der New Economy erhofft – die Preise transparenter gemacht?

Das Internet erlaubt einen viel rascheren und breiteren Überblick über Preise. Viele Verbraucher informieren sich zuerst im Netz, bevor sie offline einkaufen gehen. Überhöhte Preise werden deshalb seltener akzeptiert. Aber noch hat nicht jeder einen Internetzugang. Dieses Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Warum haben sich die Onlinepreise für gleiche Güter und Dienstleistungen nicht angeglichen?

Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt, weil man übersehen hat, dass der Internet-Vertrieb problematischer als im herkömmlichen Handel ist. Produkte sind physisch nicht überprüfbar. Deshalb muss man sich darauf verlassen, dass auch das geliefert wird, was man bestellt hat. Die Reputation im Internethandel ist aus diesem Grund so wichtig. Anbieter, die einen guten Ruf haben, können quasi eine entsprechende Reputationsrendite abschöpfen, indem sie höhere Preise als andere nehmen. Eine Angleichung findet nicht statt. Im Gegenteil: Die Preisspanne ist im elektronischen Markt sogar größer als im konventionellen.

Werden die Marktführer immer größer, und können sie die Preise diktieren?

Der Faktor Reputation fördert natürlich die Konzentration. Wenn ein Anbieter im Internet mit einem Markenzeichen bekannt geworden ist, kann er auf neuen Märkten einsteigen. Deshalb haben wir aber noch nicht gleich eine Zeit der Online-Monopole vor uns. Der Markt ist global und viel größer als der lokale Einzelhandel. Außerdem lässt sich bei einer innovativen Technologie – etwa beim Auktionshaus Ebay – eine dominante Marktstellung rechtfertigen. Das schließt nicht aus, dass Wettbewerber in Nischen überleben und günstigere Preise anbieten.

Ein perfekter Markt also?

Der elektronische Markt ist tendenziell eigentlich weniger perfekt als typische Offline-Märkte. Ebay kämpft zum Beispiel mit Betrugsfällen. Die Missbrauchsmöglichkeiten im Netz sind groß. Man muss beide Märkte zusammen betrachten. Wir haben früher geglaubt, dass die Internet-Ökonomie die traditionelle Wirtschaft ersetzt. In Wirklichkeit haben sich beide ergänzt. Zusammengenommen haben sie den Markt perfekter gemacht.

Verschaffen Suchmaschinen einen brauchbaren Überblick über Preise?

Der Kunde muss lernen, mit einer Flut von Informationen im Internet umzugehen. Es kostet Arbeit, Preise zu sortieren, zu bewerten und dann in Wissen zu verwandeln. Für sich genommen stellt das Internet noch kein Wissen zur Verfügung.

Wo hat das Internet die Preise gesenkt?

Die empirischen Untersuchungen konzentrieren sich auf die beliebtesten Internet-Handelsbereiche, also Bücher, Gebrauchtwagen und Reisen. Hier ist das Preisniveau tendenziell niedriger als auf den traditionellen Märkten – allerdings längst nicht so dramatisch, wie man ursprünglich erwartet hatte.

Und wo treibt das Internet die Preise?

Die Zahlungsbereitschaft der Online-Kunden ist gering, weil vieles im Internet bisher umsonst war. Das wird sich aber ändern: Viele Informationsanbieter werden künftig Preise einführen – in kleinen Schritten. Auf Dauer wird man Güter nicht umsonst anbieten können.

Das Interview führte Henrik Mortsiefer

Henning Klodt leitet beim Kieler Institut für Weltwirtschaft die Abteilung Wachstum, Strukturwandel und internationale Arbeitsteilung. Ein Forschungsschwerpunkt ist die New Economy.

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