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Wirtschaft: Es läuft nicht recht

Union und FDP wollen Akw-Laufzeiten verlängern. Experten sehen aber noch Probleme

Berlin - Dass sich die Energieexperten von CDU, CSU und FDP vergangene Woche ausgerechnet in der Hiroshimastraße treffen mussten, um über die Zukunft der Atomkraft zu verhandeln, war vielleicht etwas unsensibel: Der Name erinnert an die japanische Hafenstadt, die durch den ersten Abwurf einer Atombombe 1945 in Schutt und Asche gelegt wurde. In der gleichnamigen Straße residiert die NRW-Hauptstadtvertretung. Dort tagten die Arbeitsgruppen für Umwelt und Wirtschaft der künftigen Koalition.

Schon beim ersten Treffen am Montag war es Konsens, dass der von der rot-grünen Regierung vor fast zehn Jahren beschlossene Atomausstieg gestoppt wird. Der legte eine Begrenzung der Betriebsdauer der damals noch 19 Atomkraftwerke (Akw) auf durchschnittlich 32 Jahre fest. Die Meiler in Stade und Obrigheim wurden 2003 und 2005 schon abgeschaltet. Bleiben noch 17 „Atomkraftwerke“, wie die Gegner dieser Technik sagen. Befürworter sprechen von „Kernkraftwerken“, weil das nicht so nach Atombombe klingt und physikalisch etwas korrekter ist. Neutrale Beobachter benutzen die Begriffe synonym.

In einem Papier der Arbeitsgruppe Umwelt, das die Verhandlungen der Koalitionäre zusammenfasst, heißt es: „Die Kernenergie wird als Übergangs- und Brückentechnologie so lange benötigt, bis klimafreundliche und kostengünstige Alternativen zur Stromerzeugung in ausreichendem Umfang zur Verfügung stehen und grundlastfähigen Strom erzeugen können.“ Das lässt Spielraum, heißt aber: Wenn Union und FDP das in Gesetze gießen, ist es der Ausstieg vom Atomausstieg.

Doch Jubel war von den Betreibern der Kraftwerke nicht zu hören. Auch intern dürfte bei RWE, Eon, EnBW und Vattenfall der Sekt noch länger kalt stehen. Denn sowohl Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wie ihr bayerischer Kollege Markus Söder (CSU), die als künftige Bundesumweltminister gehandelt werden, machten klar, dass die Stromkonzerne den Ausstieg nicht umsonst bekommen. „Es gibt weder einen Blankoscheck noch eine Ewigkeitsgarantie“, sagte Söder. Die Koalitionäre in spe betonten zudem, dass sie erst die Sicherheit der Anlagen überprüfen lassen wollen. Erst auf Basis dieser Ergebnisse könne man entscheiden, welches Akw eine Verlängerung bekommt. Wer aber definiert, was „sicher“ bedeutet, blieb unklar. Atomkraftgegner sehen in dem Punkt ein indirektes Eingeständnis, dass selbst Union und FDP nicht alle deutschen Akw derzeit für sicher halten.

Die Parteien verfolgen die Idee, Atom und Erneuerbare zu verknüpfen. Konkret sollen die Konzerne die Hälfte ihrer durch eine Akw-Laufzeitverlängerung eingestrichenen Gewinne in eine sogenannte Energiestiftung einzahlen. Diese Mittel sollen der „Forschung und Förderung auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, der Effizienzsteigerung und neuer Kraftwerks-, Netz- und Speichertechnologien zur Verfügung stehen“, wie es in dem Papier der Arbeitsgruppe Umwelt heißt. Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, hält die Verknüpfung von Laufzeitverlängerung und Förderung der Erneuerbaren für einen Widerspruch in sich. Letztere könnten sich nur entfalten, wenn die Meiler vom Netz gingen. Paradebeispiel dafür sei das Akw Brunsbüttel an der Nordsee, das wegen der Windkraft dort niemand mehr braucht.

Auch dass die vier Konzerne Geld in einen Fonds einzahlen sollen, aus dem Dinge finanziert werden, die sie auch freiwillig zahlen könnten, leuchtet Kritikern nicht ein. Felix Christian Matthes, Koordinator für Energie- und Klimapolitik beim Öko-Institut, machen die Ergebnisse der Koalition wenig Hoffnung: „Eine Laufzeitverlängerung bringt fürs Klima nichts und für die Strompreise auch nichts. Die einzige Legitimation wäre, wenn der Staat dadurch mehr Geld einnimmt.“ Daran glaubt er aber nicht. mit dcl

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