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Wirtschaft: „Es reicht nicht, dass alles einfach nur schneller ist“

Der Präsident der Bundesnetzagentur über neue Netze, Monopole und Preise im Mobilfunk

Herr Kurth, die Telekom plant ein neues schnelles Glasfasernetz und will dort nicht reguliert werden. Sie sagt, das sei ein neuer Markt. Ist ein neues Netz ein neuer Markt?

Märkte definieren sich nicht über Infrastrukturen, sondern über Produkte, Dienstleistungen und über die Nachfrage der Kunden. Betrachtet der Kunde ein bestimmtes Produkt als austauschbar mit schon bestehenden Produkten? Oder sagt er: Aha, da ist wirklich etwas Neues. Es reicht nicht, dass alles einfach nur schneller ist als das, was wir schon kennen.

Das Angebot ist also nicht neu?

Es ist unglaublich schwer, diese Frage abstrakt und hypothetisch zu beantworten. Am besten wäre es, wir würden endlich einmal wissen, wie das Produkt der Telekom eigentlich aussehen soll. Ich habe mich gewundert, dass sie es auf der Cebit noch nicht konkret vorgestellt hat.

Kann die Telekom der Regulierung entgehen?

Ich habe die Telekom immer aufgefordert, Gespräche mit den Wettbewerbern zu führen. Es gibt erste Signale, dass die Telekom daran denkt, dieses Netz auch für andere zu öffnen. Wir sind in der Diskussion also schon ein bisschen weiter gekommen. Ich glaube, die Alternative, alle anderen Wettbewerber rauszuhalten, verfolgt auch die Telekom nicht mehr.

Reicht Ihnen das?

Die Regulierung ist ein abgestuftes und verhältnismäßiges System. Wir müssen nicht immer alle Preise von vorneherein beeinflussen. Betrachten Sie den DSL- Markt. Hier gibt es ein freiwilliges Angebot der Telekom, das zum Beispiel ausreichend ist. Freiwillige marktgerechte Angebote sind ein Indiz dafür, dass die Regulierung sich zurückhalten kann. Jetzt geht es darum, die heiße Luft aus der Diskussion zu nehmen und zu klären, was die Wettbewerber wünschen. Wir sind bereit, diese Diskussion zu moderieren.

Die Telekom kann sich durch Wohlverhalten von der Regulierung befreien?

Das kann sie immer. Das ist der Regelfall im Telekommunikationsgesetz, nämlich der Vorrang von Verhandlungslösungen mit den Wettbewerbern.

Die fürchten, dass die Telekom Fakten schafft, während Sie noch diskutieren.

Über Nacht entsteht kein Monopol. Natürlich bewegen sich die Unternehmen in einem dynamischen Umfeld und wir dürfen die Entwicklung des Wettbewerbs im Breitbandzugangsmarkt in keinem Fall behindern. Andererseits haben mehr als 90 Prozent der Kunden heute nur einen Ein-Megabit-Anschluss. Es wird eine ganze Zeit dauern die Kunden zu überzeugen, dass sie 50 Megabit brauchen. Da muss sehr viel in Werbung und die Entwicklung des Marktes investiert werden. Das heißt nicht, dass ich mir keine Sorgen mache und abwarten will. Aber wir sollten realistisch sein in Hinblick auf die weitere Entwicklung.

Die Bundesregierung will das Telekommunikationsgesetz novellieren. EU-Kommissarin Viviane Reding hat Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren angedroht, wenn die Telekom – wie im Entwurf vorgesehen – von der Regulierung freigestellt wird. Muss das Gesetz geändert werden?

Das Ganze ist noch nicht einmal vom Kabinett beschlossen. Ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Referentenentwurf ist gar nicht möglich. Ich plädiere daher zu etwas mehr Gelassenheit. Wir sollten abwarten, wie die Beratungen im Parlament weitergehen. Ich selbst bin auch daran interessiert, dass noch einiges geklärt wird – auch um mögliche Bedenken der Kommission auszuräumen.

Was ist denn nicht klar?

Zum Beispiel steht im Entwurf, dass eine langfristige Wettbewerbsbeeinträchtigung verhindert werden soll. Der Telekommunikationsmarkt entwickelt sich sehr schnell. Da wäre es sinnvoll, den Begriff langfristig zu präzisieren.

Einen Konflikt haben Sie mit den Mobilfunkanbietern, denen Sie vorwerfen, zu hohe Preise für Gespräche zu verlangen, die in Mobilfunknetzen enden (Terminierungsentgelt). Wollen Sie jetzt den Mobilfunk regulieren?

Die Terminierungsentgelte sind in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland um zirka 30 Prozent gesunken. Die letzte Preissenkung war aber bereits im Dezember 2005. Das heißt, es muss jetzt bald etwas erreicht werden. Es muss eine weitere Senkung im Laufe diesen Jahres geben. Wir sind dabei, eine Regulierungsverfügung vorzubereiten. Und wir werden zu einer Preisregulierung kommen, wenn die Unternehmen die Entgelte nicht freiwillig im Verhandlungswege weiter senken.

Matthias Kurth

ist Präsident der Bundesnetzagentur. Die Behörde soll für mehr Wettbewerb bei Telekommunikation, Post, Gas, Strom und Schiene sorgen.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

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