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Etatdebatte: "Aus der Tendenz was Gutes machen"

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering hält die Situation am Arbeitsmarkt für "nicht befriedigend". Die Konjunkturlage müsse ihren Schwung auch auf den Arbeitsmarkt übertragen, sagte er im Bundestag.

Berlin - Der Vizekanzler wies am Donnerstag Berichte zurück, Langzeitarbeitslosen drohe eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II auf 225 Euro. Dies sei «falsch». Müntefering wies darauf hin, von seinem 120-Milliarden-Euro-Etat seien 38,5 Milliarden für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II) eingeplant. Man müsse über Einsparungen «an der ein oder anderen Stelle» nachdenken. 267 Millionen seien für die «Initiative 50 Plus» zur Eingliederung Älterer vorgesehen: «Wir müssen die Mentalität brechen, dass die Leute mit 55 zum alten Eisen gezählt werden.»

Müntefering verteidigte die bevorstehende Nullrunde für die 20 Millionen Rentner verteidigt. Eine mögliche Rentenabsenkung habe die Regierung gesetzlich verhindert. Mit 77,7 Milliarden Euro fließe größte Teil seines Haushalts in die Rentenkassen. Dies sei eine vernünftige Regelung. «Wenn wir das nicht hätten, wären die Rentenversicherungsbeiträge nicht bei 19,5 Prozent, sondern bei 26 oder 27 Prozent. Oder die Renten wären 22 oder 25 Prozent niedriger. Das wollen wir aber alles nicht.» Der Minister kündigte bei der Riester-Rente für 2008 einen höheren Kinderzuschlag an, um diese Form der privaten Altersvorsorge für Familien mit Kindern «noch interessanter» zu machen.

Die oppositionelle FDP hielt der Regierung eine «verfehlte Politik» vor: Statt Einsparungen gebe es Mehrausgaben. Für die Linkspartei kritisierte Kornelia Möller, die Absenkung des Lebensstandards von Langzeitarbeitslosen werde inzwischen als Mittel zur Haushaltssanierung betrachtet. «Hartz IV muss weg», forderte sie. Die Arbeitsmarkt-Expertin der Grünen, Brigitte Pothmer, warb dafür, beim Kündigungsschutz die bestehende Regelung zur befristeten Einstellung zu belassen und auf die von der Union geforderte Ausdehnung der Probezeit auf zwei Jahre zu verzichten.

Sprecher der Union und der SPD verteidigten die Politik der Regierung: Ziel sei es, die Sozialsysteme zukunftsfest zu machen. Sie wiesen den Vorwurf des Sozialabbaus zurück. Die SPD-Abgeordnete Waltraud Lehn sagte, von 100 Euro Steuereinnahmen gebe man 72 Euro für Sozialleistungen aus. Der Arbeitsmarkt-Experte der SPD, Klaus Brandner, wies darauf hin, dass es keine Belege dafür gebe, dass eine Lockerung des Kündigungsschutzes zu mehr Jobs führe.

Müntefering wertete es als «gutes Zeichen», dass sich inzwischen mehr als 20 000 Langzeitarbeitslose als Erntehelfer gemeldet hätten. Die Regierung will mehr als 30 000 für diese Tätigkeit gewinnen, um die Zahl der ausländischen Saisonarbeiter zu reduzieren.

Der Minister sieht die umstrittene EU-Dienstleistungsrichtlinie inzwischen «auf gutem Weg». Eine «Brandmauer gegen Lohndumping von außen» sei aber zusätzlich notwendig: Als Instrumente nannte er Mindestlöhne, Kombi-Löhne und die Ausweitung des Entsendegesetzes. Darüber müsse man ideologiefrei sprechen. Die Politik müsse erreichen, dass diejenigen, die arbeiten, davon auch leben könnten.

Die Zahl der Arbeitslosen sei weiter zu hoch und «nicht so gut, wie wir es uns wünschen», sagte Müntefering. Er zeigte sich aber optimistisch, dass die in jüngster Zeit guten Konjunkturzahlen auch neuen Schwung in den Arbeitsmarkt bringen. «Wir wollen aus dieser klaren Tendenz was Gutes machen», sagte der Minister. Mit dem 25- Milliarden-Wachstumsprogramm der Regierung würden «100 Milliarden Euro in Bewegung gesetzt». (tso/dpa)

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