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Wirtschaft: „Etwa ein Drittel bleibt hängen“

Herr Buscher, mal angenommen, Sie wären Unternehmer, würden Sie Leiharbeiter beschäftigen? Auf jeden Fall.

Herr Buscher, mal angenommen, Sie wären Unternehmer, würden Sie Leiharbeiter beschäftigen?

Auf jeden Fall. Ich könnte dadurch meine Produktionsabläufe viel flexibler gestalten. Etwa in dem Moment, indem ich zusätzliche Aufträge habe, bräuchte ich nicht Leute einzustellen, um sie danach wieder zu entlassen, sondern hole sie mir von einer Leihfirma. Auch qualifizierte Kräfte könnte ich damit für einen gewissen Zeitraum ins Unternehmen holen.

Und wenn Sie keinen Bedarf mehr haben, können Sie sie wieder fallen lassen.

Ja, das ist auch dann der Fall, wenn mir die Leute zu unqualifiziert sind, dann kann ich sie sofort zurückgeben.

Und wenn sie gut sind?

Ungefähr ein Drittel der Leiharbeiter, die aus der Arbeitslosigkeit in die Unternehmen gehen, bleibt letztlich hängen. Die Vermittlungsquote ist damit nicht viel schlechter als bei den Arbeitsagenturen.

Werden temporäre Arbeitsverträge immer mehr reguläre Beschäftigungsverhältnisse ablösen?

Sicher. In den nächsten zehn Jahren dürfte der Bereich der Leiharbeit auf dem gesamten Arbeitsmarkt am stärksten wachsen. Im Endeffekt dürften wir dann vier bis fünf Millionen Leiharbeiter in den verschiedensten Bereichen haben.

Aber besteht für die Unternehmen nicht auch eine Gefahr darin, wenn sie überwiegend Leiharbeiter einstellen?

Das werden sie nicht machen. Das wäre ausgesprochen dumm und leichtsinnig. Man wird eine Kernbelegschaft haben, die ein enormes firmenspezifisches Fachwissen hat, in die man lange investieren muss. Das Risiko, dass Mitarbeiter mit dem Wissen hausieren gehen oder die Unternehmen in sie umsonst investieren, ist viel zu groß. Die Kernbelegschaften werden die Unternehmen unangetastet lassen, aber der Randbereich wird risikomäßig zunehmend ausgelagert.

Wie wird das Verhältnis Festangestellte zu Leiharbeiter in Zukunft aussehen?

Das hängt von den Betrieben ab. Je mehr wir in den Dienstleistungsbereich reinkommen, desto mehr Leiharbeit können sich die Unternehmen leisten. Je mehr sie im Bereich der Produktion, Entwicklung und Forschung tätig sind, desto mehr Festangestellte brauchen sie. Ein Verhältnis von 50 zu 50 dürfte nicht übertroffen werden.

Im Grunde spricht also fast alles für die Beschäftigung von Leiharbeitern?

Es wäre natürlich besser, wenn wir mehr unbefristete, reguläre, sozialversicherungspflichtige Jobs schaffen. Aber man darf etwas nicht kaputt reden, wenn es darum geht, Leute in die Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt zurückzubringen. Die Leiharbeit ist so eine Möglichkeit, allerdings ist sie nur die zweitbeste Lösung.

Herbert Buscher (56) leitet seit 2002

die Abteilung

„Arbeitsmarkt“

am Institut für

Wirtschaftsforschung Halle (IWH).

Mit ihm sprach

Yasmin El-Sharif

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