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Wirtschaft: EU-Bankenaufsicht auf Notfälle kaum vorbereitet

FRANKFURT (MAIN) (mak/HB).Die Bankenaufsicht in der Europäischen Währungsunion (EWU) ist auf Finanzkrisen nicht ausreichend vorbereitet.

FRANKFURT (MAIN) (mak/HB).Die Bankenaufsicht in der Europäischen Währungsunion (EWU) ist auf Finanzkrisen nicht ausreichend vorbereitet.Es muß möglichst umgehend geklärt werden, wie ein höheres Maß an Koordination zwischen den Aufsichtsbehörden der Teilnehmerstaaten an der Währungsunion sichergestellt und wie die Stabilität des Finanzsystems gewährleistet werden kann.Verantwortungen müssen klar zugewiesen werden, und es muß transparent gemacht werden, wer für welche Schritte zuständig ist.Diese Forderung stellt das "European Shadow Financial Regulatory Committee".

Dieses Schattenkomitee für bankenaufsichtliche Fragen in Europa wurde Anfang des Jahres ins Leben gerufen.Es umfaßt vierzehn Wissenschaftler aus zehn Staaten und hat sich zum Ziel gesetzt, das Wirken der europäischen Aufsichtsbehörden kritisch zu begleiten und vorhanden Strukturen unter die Lupe zu nehmen.Von deutscher Seite sind die beiden Frankfurter Wirtschaftsprofessoren Reinhard H.Schmidt und Friedrich Kübler in dem Komitee vertreten.Das unabhängige Gremium will sich selbst regelmäßig öffentlich zu Wort melden und Empfehlungen abgeben.

Die EWU bedeute einen Quantensprung für die Finanzmärkte und -institute, heißt es in einer Erklärung des Schattenkomitees.Dadurch entstehe ein neues Potential für europaweite Instabilitäten; gleichzeitig würden die Möglichkeiten der Teilnehmerstaaten eingeschränkt, Krisen selbst zu handhaben.Vor diesem Hintergrund müßten sowohl die Aufsicht nach dem Heimatlandprinzip als auch die bestehenden Regeln für die Rolle des "lender of last resort" überdacht werden.

Zur Zeit basiere die zwischenstaatliche Koordination der Bankenaufsicht auf bilateralen Absprachen, erläuterte Karel Lannoo vom Brüsseler Centre for European Policy Studies.Die zunehmende Integration der Märkte erfordere aber sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene eine engere Kooperation zwischen den Aufsichtsbehörden und den Zentralbanken.Für diese Kooperation sollte ein europaweiter Verhaltenskodex entwickelt werden, der Verantwortungen und Standards der Aufsichtsbehörden einheitlich regele.

Hauptziel sei es sicherzustellen, daß alle Finanzinstitute im Euroraum einer einheitlichen Aufsicht unterlägen.Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte in diesem Zusammenhang als Clearing-Stelle für Kooperationsabkommen zwischen nationalen Aufsichtsbehörden agieren.Ein derartiges, multinationales Koordinationssystem sollte vor allem für den Krisenfall Verantwortungen klar zuweisen.Zu untermauern sei der Koordinationsmechanismus von einer Struktur, etwa in Form einer "Europäischen Evidenzzentrale für Systemrisiken".Diese habe die Aufgabe, Marktentwicklungen zu beobachten und nationale und europäische Stellen zu alarmieren, wenn sie das Finanzsystem bedroht sehe.

Die Evidenzzentrale sollte gegenüber nationalen Stellen ein Informationsrecht haben, aber keine Befugnis zu konkreten Entscheidungen.Diese bleibe bei den nationalen Aufsichtsbehörden.Für deren Koordination untereinander sei es entscheidend, daß sie ausreichend informiert seien, argumentieren die Wissenschaftler.Eine Möglichkeit bestehe darin, die Evidenzzentrale bei der EZB anzusiedeln.Dadurch werde deren Position aber weiter gestärkt, so daß diese Lösung politisch gesehen nicht die beste sei, meinte Schmidt.

Dem Schattenkomitee zufolge sind in der Währungsunion auch die Zuständigkeiten für "lender of last resort"-Operationen nicht eindeutig geregelt.Im Notfall könnte es aber wichtig sein, daß diese reibungslos durchgeführt werden.Die Versicherung des EZB-Präsidenten Wim Duisenberg, daß der EZB-Rat dieses Problem "voll unter Kontrolle" habe, sich dazu aber niemals öffentlich äußern werde, überzeuge wenig.Harald Benink von der Universität Maastricht: "Es wäre nicht das erste Mal, daß Verantwortliche behaupten, die Dinge im Griff zu haben, und es dann doch nicht der Fall ist."

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