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Wirtschaft: EU bremst Steuerflucht

Die europäischen Finanzminister einigen sich auf eine einheitliche Zinssteuer – Italien gibt seine Blockade auf

Brüssel / Berlin (fw/msb). Die europäischen Finanzminister haben sich am Dienstagnachmittag auf eine einheitliche Zinsbesteuerung geeinigt. Mit einer gemeinsamen Regelung wollen die EUStaaten die Steuerflucht in Europa eindämmen. Die Einigung wurde nach jahrelangem Verhandeln durch einen Kompromiss mit Italien möglich: Rom akzeptierte, dass die Rückzahlung von millionenschweren Subventionen an die italienischen Milchbauern innerhalb von 14 Jahren zinsfrei zurückgezahlt werden müssen. Zuvor hatte der italienische Premier Silvio Berlusconi 30 Jahre gefordert und mit seinem Veto bei der Zinsrichtlinie Druck ausgeübt.

Jetzt ist auch die deutsche Regierung wieder am Zug, eine neue Zinsbesteuerung auszuarbeiten. Am Montag hatte Finanzminister Hans Eichel die geplante Abgeltungssteuer auf Zinserträge gekippt, die eigentlich an die Amnestie für Steuersünder gekoppelt war. SPD-Linke hatten moniert, dass Großverdiener mit einer Besteuerung von 25 Prozent bevorteilt würden. Eichel hatte angekündigt, auf die EU-weite Regelung warten zu wollen, um einen neuen Gesamtentwurf für die Zinsbesteuerung zu erarbeiten.

Mit dem vorliegenden Modell hat Eichel bekommen, was er seit langem propagierte, nämlich einen gegenseitigen Informationsaustausch von zwölf EU-Mitgliedstaaten ab Januar 2005. Vorgesehen ist, dass den Finanzämtern der Herkunftsstaaten Kontrollmitteilungen über Guthaben zugehen, die bei ausländischen Banken liegen. Für Belgien, Luxemburg und Österreich gibt es allerdings eine Sonderregel: sie ziehen es vor, statt der Kontrollmitteilungen ab 2005 eine Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent, ab 2008 eine Quellensteuer von 20 Prozent und ab 2011 eine Steuer von 35 Prozent zu erheben. Der größte Teil davon soll an das Herkunftsland des Kapitals abgetreten werden. Voraussetzung dafür soll allerdings sein, dass in Drittstaaten wie zum Beispiel der Schweiz Regelungen eingeführt werden, die als gleichwertig gelten. Denn die Sorge, dass diese Drittstaaten als Steuerfluchtburgen zum Kapitalabzug aus den EU-Mitgliedstaaten führen könnten, hatte einen Zinssteuerkompromiss lange verhindert.

Als dieser Kompromiss, auf den man sich im Januar geeinigt hatte, im März endlich offiziell verabschiedet werden sollte, trat Berlusconi jedoch auf die Bremse. Wie in EU-Verhandlungen nicht ungewöhnlich, band er sein Ja zur Zinssteuer an Zugeständnisse in einem völlig anderen Bereich, nämlich den Milchquoten. Italiens Bauern lassen ihre Kühe seit Jahren sehr viel mehr Milch produzieren als es die EU-Quotenregelung erlaubt. Dafür müssen sie hohe Geldbußen entrichten, insgesamt 1,4 Milliarden Euro in den vergangenen acht Jahren. Um die 24 000 betroffenen Milchproduzenten zu schonen, hatte die Regierung die Strafe übernommen und damit einen Subventionstatbestand geschaffen, der nach EU-Regeln verboten ist. Dafür muss sie Strafe zahlen.

Defizitverfahren gegen Frankreich

Bevor die Verhandlungen über die Zinsbesteuerung begannen, hatten die Finanzminister ein offizielles Defizit-Strafverfahren (siehe Lexikon auf Seite 16) gegen Frankreich eröffnet. Damit ist Frankreich das dritte Land nach Portugal und Deutschland, das seine Haushaltspolitik gegenüber den EU-Partnerstaaten rechtfertigen muss. Paris soll seine Neuverschuldung bis 2004 unter die Grenze von drei Prozent senken. Es hatte die Drei-Prozent-Marke 2002 mit einem Defizit von 3,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes überschritten. Nach ihrer Sitzung am Montagabend forderte der Sprecher der Eurogruppe, Paris müsse seine Anstrengungen deutlich erhöhen.

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