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Wirtschaft: EU-Finanzminister warnen Deutschland

Im laufenden Jahr droht ein Haushaltsdefizit von über drei Prozent / Frankreich will mit dem Sparen warten

Luxemburg/Brüssel (rut/jh/uhl/HB). Die Bundesregierung hat erstmals zugegeben, dass Deutschland dieses Jahr wahrscheinlich gegen die Sparvorschriften des Europäischen Stabilitätspaktes verstoßen wird. Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser signalisierte am Rande des EU-Finanzministertreffens in Luxemburg, dass das deutsche Haushaltsdefizit dieses Jahr über die Schwelle von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen könnte. „Noch ist 2,9 Prozent unsere Zahl, aber in einigen Wochen wissen wir mehr", sagte Koch-Weser.

Auch die Gruppe der zwölf Euro-Finanzminister rechnet mittlerweile mit einer deutschen Defizitquote von mehr als drei Prozent. „Es gibt ein substantielles Risiko, dass der Referenzwert von drei Prozent überschritten wird", heißt es in einer Erklärung, welche die Eurogruppe in der Nacht zum Dienstag in Luxemburg vorlegte.

Eine höhere Defizitmeldung nach Brüssel könne nötig werden, wenn die neue Steuerschätzung ein schlechtes Ergebnis bringe und wenn die Forschungsinstitute die Wachstumsprognosen für dieses Jahr nach unten korrigieren würden, ergänzte Koch-Weser, der Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in Luxemburg vertrat. Die Kosten für den Wiederaufbau in den Überflutungsgebieten in Ostdeutschland seien in der Defizitquote von 2,9 Prozent noch nicht berücksichtigt, fügte Koch-Weser hinzu.

Sobald Eichel ein Defizit mit einer drei vor dem Komma nach Brüssel meldet, muss die EU-Kommission ein Sanktionsverfahren wegen eines übermäßigen Defizits einleiten. Das schreibt der Stabilitätspakt vor.

Das Verfahren kann für Deutschland aber glimpflich ausgehen, wenn Eichel das Defizit 2003 wieder unter die Schwelle drückt. Das versprach Koch-Weser: „Der Bundeshaushalt für 2003 wird den Anforderungen des Stabilitätspakts gerecht werden." Zudem werde Deutschland sein konjunkturbereinigtes Defizit ab 2003 um mindestens 0,5 Prozent pro Jahr senken.

Frankreich dagegen geriet auf die Anklagebank, da es sich weigert, seine konjunkturbereinigte Defizitquote 2003 zu senken. „Wir haben entschieden, dass es in Frankreich andere Prioritäten gibt, zum Beispiel eine Erhöhung der Militärausgaben", sagte der französische Finanzminister Francis Mer in der Nacht zum Dienstag. Österreichs Finanzminister Karl-Heinz Grasser sprach am Dienstag von einer Provokation und forderte einen blauen Brief an Paris. Der Bruch zwischen Frankreich und dem Rest der Euro-Zone wird in einer Erklärung der Minister deutlich. Die vier Staaten mit Haushaltsproblemen – Deutschland, Frankreich, Italien und Portugal – müssten ihr konjunkturbereinigtes Defizit ab 2003 jährlich um mindestens 0,5 Prozent senken, heißt es. Das hätten „alle Minister bis auf einen" akzeptiert.

Koch-Weser deutete an, dass Deutschland sein nominales Defizit bis 2004 nicht mehr auf nahezu Null senken könne. „Wir stehen einer Verschiebung bis 2006 positiv gegenüber", sagte Koch-Weser. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, das Sparziel wegen der flauen Konjunktur von 2004 bis 2006 zu verschieben. Die Gruppe der zwölf Euro-Staaten folgte diesem Vorschlag aber nicht. Das Zieldatum für einen nahezu ausgeglichenen Haushalt soll nun individuell für jeden EU-Staat festgelegt werden.

Zudem verständigten sich die Finanzminister darauf, dass die Staatsgarantien für europäische Fluggesellschaften zum Monatsende auslaufen. Hilfen seien weiterhin möglich, müssten aber von Fall zu Fall geprüft und genehmigt werden. Nach dem 11. September waren die EU-Regierungen mit Haftungsgarantien eingesprungen, da die Versicherer die Risiken nicht mehr zu den üblichen Konditionen übernehmen wollten.

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