Die 47-jährige Dänin Margrethe Vestager ist Ökonomin, Mutter dreier Töchter, gehört der sozialliberalen Partei ihres Landes an und war lange deren Vorsitzende. Im Jahr 2011 wurde sie unter Premierministerin Helle Thorning-Schmidt Wirtschafts- und Finanzministerin. In dieser Funktion leitete sie während des dänischen EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2012 mehrere lange Sitzungen ihrer europäischen Kollegen zur Bankenregulierung. Im Herbst 2014 wurde Margrethe Vestager von Dänemark als Mitglied der neuen EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker nominiert.
Dieser wies ihr das innerhalb der Behörde einflussreichste Amt zu, da die EU-Kommission als Wettbewerbshüterin allein, also ohne die Mitgliedstaaten oder das Europa-Parlament entscheidet.
Frau Vestager, gelten in Europa noch die Regeln und Pflichten der Marktwirtschaft?
Ja, natürlich. Warum fragen Sie?
Weil angesichts der vielen Kartell- und Beihilfeverfahren, die Sie zuletzt eröffnet haben, der Eindruck entsteht, dass die Großen ohnehin tun, was sie wollen.
Das sehe ich nicht so. Die überwiegende Zahl der Unternehmen im europäischen Markt spielt nach den Regeln, nur eine kleine Anzahl hält sich nicht daran. Mein Job ist es, sicherzustellen, dass die Mehrheit darauf vertrauen kann, dass jene verfolgt und bestraft werden, die Foul spielen.
Das sind sehr oft Konzerne, weshalb viele Bürger glauben, unsere Länder würden nicht von Politikern regiert, sondern von großen Multis.
Mein erster Fall als Wettbewerbskommissarin betraf ein Kartell von Briefumschlagherstellern. Es war fast traurig, sie bestrafen zu müssen, da der Markt für Umschläge vermutlich nicht besser wird. Was ich damit sagen will: Jeder muss sich an unsere Marktregeln halten – ob klein oder groß.
Die Frage ist doch, ob Sie diese Regeln auch gegenüber großen Namen durchsetzen. Nehmen wir Google: Garantieren Sie eine Strafe, wenn Sie am Ende einen Missbrauch der Marktposition feststellen?
Garantien gebe ich keine ab. Aber eines kann ich versichern: Wir werden alles versuchen, um den Fall erfolgreich abzuschließen – vorausgesetzt, wir haben die Fakten, die unsere Kritik untermauern.
Wann wird es so weit sein?
Einen Zeitpunkt zu nennen ist schwer. Wie sich der Fall entwickelt, hängt schließlich von den Antworten ab, die Google uns bis Juli schicken muss. Wir werden sie unvoreingenommen prüfen, aber unser offizieller Einspruch gegen Googles Geschäftspraktiken von Mitte April bedeutet ja, dass wir glauben, den Missbrauch der Marktstellung beweisen zu können.
- „Auch die Großen müssen die Regeln einhalten“
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