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Wirtschaft: EU-Länder wollen keine Tabakwerbung

Deutschland wird sich im Parlament nicht durchsetzen

Berlin (fw). Die Chancen für ein EUweites Tabakwerbeverbot steigen. An diesem Mittwoch wird das Europäische Parlament in Straßburg über eine entsprechende Richtlinie der Kommission abstimmen. „Ich rechne damit, dass die Mehrheit dem Vorschlag der Kommission zustimmt“, sagte Dagmar Roth-Behrendt (SPD), Verbraucherschutz- und Rechtsexpertin im Europaparlament. Die Richtlinie, die die Werbung für Zigaretten auch in den Printmedien verbieten soll, wird von den deutschen Zeitschriftenverlegern heftig kritisiert, da dann ein substanzieller Teil ihrer Werbeeinnahmen wegbrechen würde. Die Zigarettenindustrie gibt in Deutschland jährlich 60 Millionen Euro für Werbung in den Printmedien aus. Auch die Finanzierung der Formel-Eins-Rennen durch die Tabakindustrie wäre mit einem Werbeverbot nicht mehr möglich.

Das Europäische Parlament hat beim Tabakwerbeverbot ein Mitentscheidungsrecht. Wenn es dem Vorschlag zustimmt, muss die Richtlinie anschließend im EU-Rat mit qualifizierter Mehrheit abgesegnet werden. Deutschland hat dort neben Österreich und Luxemburg keine Verbündeten gegen das Verbot. So hat die Richtlinie gute Chancen, durchzukommen. Das Tabakwerbeverbot ist sehr umstritten: Im Oktober 2000 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH)bereits eine erste Version des Verbots der Tabakwerbung aufgehoben, weil Deutschland und einige Tabakfirmen dagegen geklagt hatten. Der EuGH hatte den Klägern Recht gegeben, dass die Kommission mit dem Verbot ihre Kompetenzen überschritten habe.

Nun hat die Kommission ihren Vorschlag leicht verändert und das Verbot an Plakatwänden und im Kino zwar aus dem Vorschlag verbannt. Sie will die Werbung in Zeitschriften sowie bei grenzüberschreitenden Veranstaltungen wie der Formel Eins aber weiterhin verbieten.

„Der Binnenmarkt verordnet uns einen hohen Gesundheitsschutz“, begründet die Sprecherin des Verbraucherkommissars David Byrne, der die Richtlinie entworfen hat, das Werbeverbot. Die deutsche Politik habe eben ein spezielles Verhältnis zu den Tabakfirmen, deshalb lehne sie es ab.

Im Europäischen Parlament argumentieren die Gegner des generellen Verbots anders. „Ich bin grundsätzlich gegen ein Werbeverbot“, sagt die Abgeordnete Roth-Behrendt. „Die Werbung für ein legal produziertes Produkt darf nicht verboten werden“. Nur wenn die Werbung grenzüberschreitend wirke, sei ein Verbot gerechtfertigt. Das zeige das Beispiel Belgien: Dort ist die Tabakwerbung seit 1999 komplett verboten, auch bei der Formel Eins in Spa. Die Betreiber haben daher angekündigt, zum deutschen Nürburgring überzuwechseln. Das sei eine Wettbewerbsverzerrung, sagt Roth-Behrendt. Sie will zusammen mit der Mehrheit der christlich-demokratischen Fraktion für einen Kompromiss-Vorschlag stimmen, der das Werbeverbot in der Presse ausnimmt. Die verschiedensprachigen europäischen Zeitungen stünden nicht im direkten Wettbewerb. Allerdings ist es unsicher, ob für den Kompromiss eine Mehrheit zustande komme.

Die Werbewirtschaft befürchtet, dass der Tabak nur der Anfang ist. „Wenn das durchgeht, kommen womöglich bald auch der Alkohol und Autos“, sagt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft. Die Tabakindustrie befürchte keine Auswirkungen von einem Werbeverbot auf den Tabakkonsum, sagt Axel Heim vom Verband der Cigarettenindustrie. „Wir werben nur, um um die Marktanteile zu kämpfen“.

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