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Wirtschaft: EU: Mario Monti wirbt in Berlin für den Wettbewerb in Europa

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat verschiedene Gründe, die EU-Kommission und ihren Wettbewerbskommissar zu kritisieren. Deshalb nahm er auf dem EU-Gipfel in Biarritz Mitte Oktober auch kein Blatt vor den Mund: Das "Subsidiaritätsprinzip" müssten die Europäer mehr beachten, forderte er.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat verschiedene Gründe, die EU-Kommission und ihren Wettbewerbskommissar zu kritisieren. Deshalb nahm er auf dem EU-Gipfel in Biarritz Mitte Oktober auch kein Blatt vor den Mund: Das "Subsidiaritätsprinzip" müssten die Europäer mehr beachten, forderte er. Die Kommission erfülle ihre Aufgabe am besten, wenn "sie sich auf das Wesentliche konzentriert". Wettbewerbskommissar Monti müsse seine "altmodische Auslegung der Beihilferegeln" beispielsweise zugunsten der Förderung regenerativer Energien ändern. Außerdem hat der Bundeskanzler "Zweifel, ob es gerechtfertigt ist, wenn die Kommission auf Kapazitätsgrenzen bei ostdeutschen Werften besteht und Fußballer, die Millionen verdienen, als Arbeitnehmer behandelt".

Bevor Bundeskanzler Schröder am Buß-und Bettag während eines offiziellen Besuches bei der EU-Kommission in Brüssel Gelegenheit hat, sich im Detail zu beklagen, ist Wettbewerbskommissar Mario Monti heute und morgen in Berlin zu Gast. Er trifft Finanzminister Eichel, Wirtschaftsminister Müller, Außenminister Fischer, den Oppositionschef Merz und Vertreter von BDI und Städtetag. Die Förderung des Ökostroms und der Kraft-Wärme-Kopplung sind nur zwei der zahlreichen Konfliktpunkte, die Thema der Gespräche sein können. Zwischen Berlin und Brüssel sind auch die Beihilfen für den Holzmann-Konzern strittig, die Sondervertriebssysteme für die Automobilindustrie oder die Reform des europäischen Kartellrechts.

Keineswegs sicher ist, dass die Parteien einander entgegenkommen. Denn Monti gilt als hart und pedantisch. Als Chef der europäischen Wettbewerbsbehörde muss der 57jährige Italiener überall dort eingreifen, wo der freie Wettbewerb in Europa eingeschränkt wird. Dies gilt für Oligopole auf dem Musikmarkt ebenso wie für Fußballer-Verträge: Die Kommission prüft gerade die Vorschläge des Weltfußballverbandes Fifa für ein rundum erneuertes Vertrags- und Transferregelwerk. Wenn sie nicht zufrieden ist, können die Kündigungsfristen für Verträge von Fußballern denen normaler Arbeitnehmer gleichgestellt werden. Denn Monti betrachtet die Ablösegelder auch als Verstoß gegen die freie Arbeitsplatzwahl.

Monti ist erst seit gut einem Jahr im Amt und hat seitdem ebensoviel Kritik wie Bewunderung hervorgerufen. Gegen seine geplante Änderung der europäischen Regeln für den Autovertrieb protestieren die Automobilunternehmen. Deutsche Kritiker stört auch die Überprüfung der Landesbanken, ferner Montis Vorschlag zur Reform des europäischen Kartellrechtes. Hier wie dort werfen sie ihm vor, zu streng zu urteilen oder aber weitere Kompetenzen an sich, das heißt, nach Europa, ziehen zu wollen.

Monti, den parteilosen Ökonomieprofessor, beeindrucken solche Vorwürfe nicht, versteht er sich doch als Anwalt der Verbraucher. Als erfahrener Politiker weiß er aber, dass der Erfolg seiner Arbeit davon abhängt, wie er sie anderen vermittelt. Wieder einmal kommt er deshalb nach Berlin, wo am Montag auch sein Kollege Frits Bolkestein bei der Adenauer-Stiftung auftritt. Deswegen pflegen auch Monti und der Staatssekretär im Finanzministerium, Caio Koch-Weser, den Kontakt zueinander. Zwischen ihnen habe sich das Verhältnis in den letzten Monaten entspannt, heißt es.

msb

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