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Wirtschaft: EU-Parlament verwirft Hafenreform

Abgeordnete lehnen Richtlinie für mehr Wettbewerb ab – die Kommission plant schon einen neuen Anlauf

Straßburg - Nach zum Teil heftigen Protesten der Hafenarbeiter in mehreren Ländern hat das Europaparlament die umstrittene EU-Hafenrichtlinie am Mittwoch mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. 532 der 677 Abgeordneten stimmten in Straßburg gegen den Gesetzesentwurf. Damit ist die Europäische Kommission auch beim zweiten Versuch gescheitert, die Dienste in den Seehäfen zu liberalisieren. Verkehrskommissar Jacques Barrot kündigte dennoch einen neuen Anlauf an. Dabei werde er die Bedenken des Parlaments berücksichtigen.

Die Kommission wollte mit dem Gesetzesentwurf die Hafendienste für den Wettbewerb öffnen. Unter anderem sollten die Reedereien zum Abfertigen der Schiffe künftig eigenes Personal einsetzen dürfen. Bislang sind sie auf die regulären Hafenarbeiter angewiesen. Zudem hatten Hafenverwaltungen Dienstleistungen EU-weit öffentlich ausschreiben sollen. Die Gewerkschaften fürchteten den Verlust vieler Arbeitsplätze. Daher hatten in den vergangenen Tagen tausende Hafenarbeiter gegen den EU-Plan gestreikt. Bei Protesten vor dem Europaparlament in Straßburg war es am Montag zu Ausschreitungen mit Verletzten gekommen.

Die Abgeordneten forderten die Kommission auf, das Hafenpaket II zurückzuziehen und stattdessen eine Richtlinie zum fairen Wettbewerb zwischen den Häfen und zur Transparenz der öffentlichen Beihilfen vorzulegen. In Deutschland begrüßten die Branche und Politiker das Votum. Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte: „Das ist ein guter Tag für unseren Hafen-und Logistikstandort sowie die Beschäftigten.“ Statt Wettbewerb zu fördern, hätte der Entwurf zur Liberalisierung der Hafendienste Standorte und Stellen gefährdet. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) befand, die EU sei nun wieder glaubwürdiger. Mit dem Hafenpaket wären mittelständische Unternehmen den finanzstarken Terminalbetreibern aus den USA und Südostasien ausgeliefert worden.

Auch die Europaabgeordneten bezeichneten den Vorschlag der Kommission als schlecht. Er gefährde Arbeitsplätze und führe zu Sozialdumping. Der SPD-Europaabgeordnete Willi Piecyk freute sich nach der Abstimmung: „Das Hafenpaket ist tot. Damit können sich die europäischen Häfen wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich für Europas Wirtschaft ein hoch effizienten Güterumschlag sicher zu stellen.“ Michael Cramer (Grüne) sagte, die Kosten in US-Häfen seien doppelt und in Asien drei Mal so hoch wie in Europa. Parlamentsberichterstatter Georg Jarzembowski (CDU) bedauerte indes, dass mit dieser Entscheidung das Hafenpaket vom Tisch sei. „Das ist ein fatales Signal für Europa.“ Wenn die Chancen von Marktöffnungen nicht genutzt würden, dann „sind alle Bekenntnisse zu mehr Wettbewerbsfähigkeit in Europa der blanke Hohn“.

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