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Wirtschaft: EU schlägt elf Länder vor

Kommissionspräsident Santer im Gespräch zur WährungsunionVON (WFF / MBE / HB). BRÜSSEL.

Kommissionspräsident Santer im Gespräch zur WährungsunionVON (WFF / MBE / HB). BRÜSSEL.Die Europäische Kommission sieht in der hohen Gesamtverschuldung des umstrittensten Euro-Kandidaten, Italien, keine Gefahr für die Stabilität in der Europäischen Währungsunion (EWWU).Kurz bevor am Mittwoch dieser Woche die Europabehörde voraussichtlich elf Länder für die Teilnahme am Euro vorschlagen wird und zugleich das Europäische Währungsinstitut (EWI) die Konvergenz der Kandidaten beurteilt, verwieß EU-Kommissionspräsident Jacques Santer in einem Gespräch mit dem Handelsblatt auf die Struktur der Staatsverschuldung in Italien und in Belgien, dem zweiten Euro-Kandidaten mit ähnlichen Problemen. Beide Länder hätten in den letzten Jahren sehr große Anstrengungen mit ihrer Konvergenzpolitik unternommen.Es komme auf die Erwirtschaftung eines Primärüberschusses ohne die Zinsen für die Staatsschulden an.Diese Tendenz müsse weitergeführt werden.In beiden Ländern sei die Lage so, daß an sich durch die Struktur des Schuldenstandes keine Schwierigkeiten, was die Währungsstabilität anbelangt, auftreten können, meint der Kommissionspräsident. Santer verwieß im übrigen auf die Protokolle des Maastricht-Vertrags, in denen das Schuldenkriterium von höchstens 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht so restriktiv formuliert sei, wie der Maßstab für das laufende Haushaltsdefizit von höchstens 3 Prozent des BIP.Die hohen Schuldenstände Italiens und Belgiens von jeweils mehr als 120 Prozent des BIP bilden die einzigen bisher nicht voll erfüllten Kriterien des Maastricht-Vertrags im Kreis der elf vermutlichen Euro-Teilnehmer. Griechenland aus wirtschaftlichen sowie Großbritannien, Dänemark und Schweden aus politischen Gründen werden vorerst am Euro nicht teilnehmen. Zu der am Mittwoch bevorstehenden Stellungnahme der Kommission und des EWI sagt Santer, es gebe keine Abstimmung.Jedes Organ habe seine eigenen Hausaufgaben gemacht.Insgesamt würden beide jedoch in der Stoßrichtung dieselben Bewertungen abzugeben haben, das EWI als Währungshüter und Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB), die Kommission mit einer klaren Empfehlung an den Rat und die Regierungschefs. Offen aber auch kritisch äußert sich Santer zu der in York von Waigel bekräftigten deutschen Forderung nach finanzieller Entlastung bei der Finanzierung des EU-Haushalts.Der Kommissionspräsident will sich dadurch nicht von seinem Fahrplan abbringen lassen, der die Fertigstellung des ohnehin schon vorgezogenen Berichts über die eigenen Einnahmen der Union im Herbst dieses Jahres vorsieht.Santer: "Ich war immer der Meinung, daß wir uns damit auseinandersetzen müssen, wenn ein Land ein Problem hat." Die deutschen Überlegungen über eine finanzielle Entlastung der Bundesrepublik werde die Kommission in ihr Konzept einfließen lassen.Allerdings betreffe das Problem auch Schweden, Österreich und die Niederlande.Es müsse eine Lösung für alle fünfzehn Länder herbeigeführt werden. Santer ist sich sicher, daß der deutschen EU-Präsidentschaft spätestens gegen Ende des ersten Halbjahres 1999 die Aufgabe zukommt, die Verhandlungen über das Gesamtpaket der Reform der Agrar- und Strukturpolitik sowie des neuen Finanzrahmens für die Jahre 2000 bis 2006 (Agenda 2000) abzuschließen.Auch der seit 1985 Großbritannien gewährte Beitragsrabatt stehe dann zur Debatte."Zu diesem Zeitpunkt müssen alle Karten offengelegt werden, damit man eine zufriedenstellende Lösung findet." Bedauern äußert Santer darüber, daß es noch immer keine Entscheidung über den ersten Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt.Für das Amt kandidieren der derzeitige Präsident des EWI, der Niederländer Wim Duisenberg und der französische Zentralbankchef Jean-Claude Trichet. Dazu Santer: "Ich bin der Meinung, daß man sehr bald einvernehmlich eine Entscheidung herbeiführen muß, jedenfalls vor dem 1.Mai.Mit der Besetzung des Präsidentenpostens hängt ja auch die Besetzung des Direktoriums der EZB zusammen.Man kann das nicht voneinander trennen."

(WFF, MBE, HB).

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