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EU-Strafen: Microsoft wendet Millionenstrafe in letzter Minute ab

Im Streit um einen Missbrauch seiner Marktmacht ist Microsoft neuen Millionenstrafen aus Brüssel vorerst entkommen: Der US-Softwarekonzern lenkte nach Angaben von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes kurz vor Ablauf eines EU-Ultimatums ein.

Brüssel - Microsoft legte der EU-Kommission fristgemäß eine überarbeitete Dokumentation zu den so genannten Schnittstellen seines Software-Flaggschiffs Windows vor. Wettbewerber beklagen, dass sie ihre Programme ohne diese Daten nicht mit dem Betriebssystem von Microsoft verknüpfen können, das auf neun von zehn PC weltweit läuft. Kroes hatte Microsoft mit einer Strafe von drei Millionen Euro täglich gedroht.

Bereits im März 2004 hatte die EU-Kommission in diesem Fall ein Rekord-Zwangsgeld von 497 Millionen Euro gegen Microsoft verhängt. Im Juli dieses Jahres erließ Kroes zusätzliche Strafen von 280,5 Millionen Euro. Dagegen legte Microsoft Berufung vor Gericht ein. Hätte der Konzern nun auch die jüngste Frist verstreichen lassen, wäre ein tägliches Bußgeld von drei Millionen Euro rückwirkend zum 31. Juli fällig geworden. Microsoft selbst sprach von einem "wichtigen Meilenstein" in dem langjährigen Ringen mit der EU-Kommission.

Keine Entscheidung vor Weihnachten

Kroes-Sprecher Jonathan Todd wollte sich zu den von dem Konzern vorgelegten Daten nicht äußern. Die Kommission werde "zu gegebener Zeit" entscheiden, ob Microsoft damit den von Brüssel gemachten Auflagen gerecht werde. "Wir reden eher über Monate als über Wochen", unterstrich er. Vor Weihnachten ist damit keine Entscheidung aus Brüssel mehr zu erwarten.

Kroes hatte zuvor mehrfach darauf gepocht, Microsoft müsse "100 Prozent" der für Wettbewerber notwendigen Informationen vorlegen. Der Konzern hatte seine technische Dokumentation zu den Windows-Schnittstellen mehrfach nachgebessert. Nach Unternehmensangaben handelt es sich bei den jetzt vorgelegten Daten um eine überarbeitete Fassung von 100 Dokumenten mit insgesamt 8500 Seiten, die Microsoft der Kommission bereits im Juli zum Ablauf einer vorherigen Deadline überreicht hatte. 300 Ingenieure und technische Redakteure hätten daran geschrieben. "Wir werden auch weiterhin eng mit der Kommission zusammenarbeiten", betonte das Unternehmen.

Das neue Microsoft-Betriebssystem Vista ist von dem Streit bisher nur indirekt betroffen. Der Konzern will Vista ab dem 30. Januar an Privatkunden ausliefern, bis kommende Woche soll es für Unternehmen zur Verfügung stehen. Microsoft machte dabei nach eigenen Angaben zahlreiche Zusagen an die EU-Kommission. Kroes bleibt jedoch skeptisch. Sie hat angekündigt, die Auswirkungen des neuen Systems auf die Wettbewerber "genau beobachten" zu wollen. Ein formelles Wettbewerbsverfahren läuft wegen Vista aber noch nicht. (tso/AFP)

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