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Wirtschaft: EU-Wettbewerbskommission: Montis halbherziger Wettbewerb

Mario Monti mag seinen Wettbewerb so wie das Märchenkind Goldilock seinen Porridge: nicht zu heiß, nicht zu kalt, gerade "richtig". Vor gar nicht langer Zeit drang der EU-Wettbewerbskommissar mit Nachdruck darauf, dass Vodafone die so genannten Roaming-Gebühren senkt.

Mario Monti mag seinen Wettbewerb so wie das Märchenkind Goldilock seinen Porridge: nicht zu heiß, nicht zu kalt, gerade "richtig". Vor gar nicht langer Zeit drang der EU-Wettbewerbskommissar mit Nachdruck darauf, dass Vodafone die so genannten Roaming-Gebühren senkt. Das sind jene Gebühren, die von den Mobilfunkfirmen erhoben werden, wenn Kunden mit ihrem Mobiltelefon im Ausland oder in anderen Fremdnetzen telefonieren. Als Monti im letzten Jahr grünes Licht für die Fusion zwischen Vodafone und Mannesmann gab, stellte er die Bedingung, dass Vodafone diese Gebühren nicht für die eigenen Kunden senken dürfe, ohne auch den Kunden der Konkurrenz diese Nachlässe zu gewähren. Damit hat Monti Vodafone praktisch untersagt, für den Zeitraum von drei Jahren auf diesem Sektor Wettbewerb zu betreiben.

Jetzt liegen die Dinge anders. Am vergangenen Mittwoch hat die Wettbewerbsbehörde der EU mehrere Mobilfunkfirmen in Deutschland und Großbritannien durchsucht und eine Erklärung verlangt, weshalb Firmen wie Vodafone ihre Roaming-Gebühren nicht senken. Mit anderen Worten: Monti will jetzt wissen, warum Vodafone keinen Wettbewerb betreibt. Montis Pressesprecher, Michael Tscherny, formulierte treffend, dass dies "paradox erscheinen" mag und erklärte: "Damals hatten wir Sorge, das Vodafone die Roaming-Gebühren vereinnahmen, die Einsparungen an die Kunden weitergeben und damit die Konkurrenz im Preis unterbieten könnte". Mit anderen Worten: Die EU-Ermittler fürchteten, Vodafone könne die Preise im Roaming-Markt nach unten treiben. Jetzt, so erklärt Tscherny, findet es die Kommission jedenfalls "seltsam, dass die Roaming-Gebühren in den letzten zehn Jahren nicht gesunken sind", während die Preise für Anrufe im eigenen Betreibernetz kontinuierlich gefallen sind. Deshalb bestehe der Verdacht auf Preisabsprachen.

Ob dieser Verdacht begründet ist, kann schwer geklärt werden. Sicher ist: Wenn die Kommission nach Gründen für den fehlenden Wettbewerb in diesem Bereich sucht, dann sollte sie sich einmal ihre eigenen merkwürdigen Anordnungen ansehen. Natürlich tragen diese nicht alleine die Schuld für die seit zehn Jahren bestehende Diskrepanz. Erst in den letzten Jahren sind paneuropäische Giganten wie Vodafone und Orange entstanden. Diese haben ein viel größeres Interesse daran, die Roaming-Gebühren zu senken, als kleine nationale Mobilfunkfirmen es jemals haben werden. Die Roaming-Gebühren nützen zwangsläufig auch den Kunden anderer Betreibernetze. Weil es für die Mobilfunkfirmen schwierig ist, ihre Gebühren im Ausland anzupreisen und weil die Kunden oft nicht darüber nachdenken, welches Netz sie im Ausland nutzen wollen, ist es für lokale Anbieter zwecklos, sich als Niedrigtarifanbieter zu präsentieren.

Aber wenn eine Mobilfunkfirma genügend Netze in der Welt kontrolliert, dann macht es Sinn, die Kunden durch niedrige Preise an das eigene Netz zu binden. Es steht zu vermuten, dass Mario Monti gerne etwas Wettbewerb wünscht, so von der Art Goldilocks: nicht zu viel, nicht zu wenig, genau die "richtige" Menge. Aber Wettbewerb ist nicht wie Porridge, seine Temperatur lässt sich nicht so einfach regulieren. Die Kommission hat die Grundlagen für die möglichen Preisabsprachen nicht geschaffen. Sie hat aber dafür Sorge getragen, dass kein Anbieter einen übergroßen Vorteil erlangt. Wenn die Kommission die Ergebnisse der Durchsuchungen vom vergangenen Mittwoch begutachtet, sollte sie sich auch ihre eigenen Akten ansehen.

Aus dem Wall Street Journal. Übersetzt, ge

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