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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll mitbestimmen über weitere Anwendung der HOAI.

© Thomas Frey/dpa

EuGH-Urteil erweitert Verbraucherschutz: Bauherren dürfen Architektenverträge kündigen

Wer Architekten mit Plänen für ein Eigenheim beauftragt, hat als Verbraucher Rücktrittsrechte wie im Online-Handel, so der Europäische Gerichtshof

Wenn ein Architekt mit der Erstellung von Plänen für den Bau eines Einfamilienhauses beauftragt wird, hat der Bauherr einen Anspruch auf Widerruf des Auftrags wie andere Verbraucher auch (Richtlinie 2011/83/EU). Dies hat die sechste Kammer des Europäischen Gerichtshofs  in einem Urteil vom 14. Mai dem Grundsatz nach festgestellt. Damit sorgen die Richter in diesem Punkt für Rechtssicherheit weit hinaus über den zugrunde liegenden konkreten Streit zwischen einem Bauherrn und seinem Architekten vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz in Österreich.

Ein Bauherr war mit den Plänen unzufrieden

Das Grazer Landesgericht hatten den Europäische Gerichtshof angerufen, weil der private Bauherr und sein Architekt darüber stritten, ob ihr Architektenvertrag dem erhöhten Schutz von Verbrauchern nach den Europäischen Richtlinien unterliegen, die beispielsweise auch den umstandslosen Rücktritt von Verträge zum Kauf von Waren im Internet (Fernabsatz) regelt. Verträge zwischen Bauherren und Architekten werden zwar meistens persönlich abgeschlossen und von intensiven Gesprächen begleitet. Dem EuGH zufolge zielt das dem Fernabsatz zugrunde liegende europäische Gesetz aber dem besseren Schutz von Verbrauchern generell – und nicht allein im Internet. Deshalb seien Verträge zwischen Architekten und Verbrauchern jedenfalls nicht generell von deren weit reichendem Rücktrittsrecht ausgenommen.

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In dem konkreten Fall hatte der Verbraucher seinen Rücktritt mit der angeblich schlechten Qualität der gelieferten Pläne begründet und erklärt, der Architekt habe ihn außerdem nicht ordnungsgemäß über sein gesetzliches Rücktrittsrecht aufgeklärt. Der Architekt wiederum hatte bestritten, dass der Vertrag überhaupt dem Verbraucherschutzgesetz unterliege. Begründet hatte er dies mit zwei Argumenten: Architektenverträge mit Verbrauchern unterlägen anderen Regulierungen, nämlich solchen zur Herstellung von Gebäuden. Außerdem seien die Architektenpläne keine gewöhnlichen Waren sondern solchen, die „nach Kundenspezifikation angefertigt“ werden und „eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten“ seien. Und bei diesen sei jegliches Widerrufsrecht ausgeschlossen.

Architektenpläne sind keine Bauleistungen

In diesen beiden Kernfragen wies der EuGH die Annahmen des Architekten zurück: Geschuldet sei mit dem Abschluss des Architektenvertrages eben nur „die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses und in diesem Zusammenhang die Herstellung von Plänen“. Es handle sich eben um „keinen Vertrag über den Bau eines neuen Gebäudes“ und deshalb gelten die konkurrierenden Regelungen nicht. Ebenso wenig sei die Planung eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses nach Vorgaben und Wünschen des Bauherrn ein „Vertrag über die Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt“ werden. Und deshalb komme auch kein Ausschluss jeglichen Widerrufsrechts bei Architektenverträgen mit privaten Bauherrn in Frage.

Bei der Bundesarchitektenkammer sagte Justiziar Volker Schnepel: "Dem Widerrufsrecht können somit insbesondere auch Architektenverträge unterliegen, die beispielsweise auf der Baustelle oder in der Wohnung des Bauherrn geschlossen wurden." Die Kammern setzten sich auf Bundes- und Europaebene dafür ein, dass diese "potentiell existenzgefährdende Rechtslage für Architekten entschärft wird". Hierzu müsse die Verbraucherrechterichtlinie geändert werden.

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