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Wirtschaft: Euro: Drei Stunden frieren für Münzen

Um zehn Minuten vor Mitternacht hatte Bernd Fahrholz, der Vorstandschef der Dresdner Bank, ein Erbarmen: Er überreichte Werner Paulus das erste Münz-Päckchen mit den neuen Euros. Drei Stunden lang hatte der 60-Jährige in der Nacht zum Montag zusammen mit rund 2000 Frankfurter Bürgern vor der Filiale der Dresdner Bank ausgeharrt.

Um zehn Minuten vor Mitternacht hatte Bernd Fahrholz, der Vorstandschef der Dresdner Bank, ein Erbarmen: Er überreichte Werner Paulus das erste Münz-Päckchen mit den neuen Euros. Drei Stunden lang hatte der 60-Jährige in der Nacht zum Montag zusammen mit rund 2000 Frankfurter Bürgern vor der Filiale der Dresdner Bank ausgeharrt. Er wollte der Erste sein, der ein Euro-Starter-Kit mit Münzen für je 10,23 Euro (20 Mark) in Empfang nimmt.

Zum Thema OnlineSpezial: Der Euro kommt Euro-Countdown: Die Serie im Tagesspiegel Euro-Memory: Passende Euro-Pärchen finden Ted: Der Euro - mehr Vor- oder mehr Nachteile? Zum Start der Münz-Ausgabe am Montag haben die Deutschen millionenfach zugegriffen. Bundesbankpräsident Ernst Welteke freute sich über den Stimmungsumschwung zu Gunsten der neuen Währung. Nach einer langen Zeit der Skepsis scheine sich die Stimmung zu drehen, sagte Welteke am Montag. "Die Starter-Päckchen werden zum Teil in euphorischer Partystimmung den Banken aus den Händen gerissen", sagte Welteke. Wegen der großen Nachfrage habe die Bundesbank den Banken eine weitere Milliarde Euro-Münzen für Starter-Kits zur Verfügung gestellt. Damit könne praktisch die doppelte Anzahl der zunächst geplanten 53,5 Millionen Starter-Kits ausgegeben werden.

Auch Griechen und Portugiesen konnten am Montag erstmals die neuen Geldstücke erwerben. In den anderen neun Euro-Staaten war bereits am Freitag und Samstag mit der Verteilung begonnen worden. Zumindest das Euro-Hartgeld ist nun in sämtlichen zwölf Ländern der Währungsunion unter die Bevölkerung gebracht. Benutzt werden kann es aber erst ab 1. Januar. Ab dann gibt es an Geldautomaten und einigen Banken auch die ersten Geldscheine. Im Handel kann noch bis Ende Februar 2002 mit Mark und Pfennig bezahlt werden; danach können sie unbegrenzt bei der Bundesbank und den Landeszentralbanken umgetauscht werden.

In Frankfurt (Main) harrten die Menschen bis Mitternacht vor der Börse aus, ließen sich durch Glühwein und heißen Äppelwoi wärmen und die Warterei von Börsen-Moderator Frank Lehmann verkürzen. Als um zwölf Uhr nachts Bundesbank-Präsident Welteke und die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth den Euro freigaben, schoben sich die Menschen in die Sparkassen-Filiale. Nicht anders muss es gewesen sein, als die DDR-Bürger am 30. Juni 1990 die D-Mark entgegennehmen durften. Oliver Kramer hielt kurz nach halb eins zwei Beutelchen in der Hand. Es sind nicht seine ersten: "Wir waren am Samstag in Belgien, in Frankreich und in Luxemburg wegen der Euro-Münzen. Drei Länder in 15 Stunden", sagte der Frankfurter Software-Entwickler. "Ich bin ziemlich Euro-verrückt."

Vor der Dresdner Bank rannten die Menschern fast den Stand um, an dem die ersten hundert Euro-Päckchen verschenkt werden. Um halb zwei hat die Frankfurter Sparkasse alle 6100 gebunkerten Starter-Kits verkauft. Wer doch nicht zum Zuge gekommen war, durfte mit Pickel und Schutzbrille draußen einen drei Mal einen Meter großen Eisklotz bearbeiten. 250 Ein-Euro-Münzen waren dort eingefroren. Bei der Dresdner Bank werden rund 2000 Päckchen losgeschlagen. Dabei sind die Münzen noch gar nichts wert. "Bis Silvester sind das nur Metallplättchen", hatte Bundesbank-Chef Welteke die Menschen schon zuvor gewarnt.

Allein die Sparkassen haben nach eigenen Angaben gut 30 Millionen Starter-Kits und damit den Löwenanteil der für den deutschen Bedarf gepackten Münzmischungen geordert. Volks- und Raiffeisenbanken sollen ein Viertel des Geldes unters Volk bringen. Gut 20 Prozent sollen über die Privatbanken und die Postbank-Schalter laufen. Die Deutsche Post bestellte nach Angaben einer Sprecherin vier Millionen Stück für Privatkunden der Postbank, die Dresdner Bank 1,5 Millionen.

Welteke widersprach dem Eindruck, viele Händler würden die Umstellung auf den Euro zu Preiserhöhungen nutzen. Statistisch sei das nicht zu belegen, aber über zahlreiche Abrundungen bei der Umstellung finde sich im Gegensatz zu Fällen von Aufrundungen nichts in der Berichterstattung. Welteke wies darauf hin, dass der Staat bei Bußgeldern generell abrunde und so der Bevölkerung jährlich 400 Millionen Mark spare.

Dennoch mahnte der Bundesbank-Präsident die Verbraucher zur Wachsamkeit. Sie müssten darauf achten, dass keine ungerechtfertigten Preiserhöhungen bei der Umstellung erfolgten. Der Wettbewerb sollte das verhindern, sagte er. Er räumte ein, dass beispielsweise Gaststätten fällige Preisanpassungen aufgeschoben hätten, bis sie wegen des Euro ohnehin neue Preislisten schreiben mussten.

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