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Ein Mann, ein Plan. Der irische Premierminister Brian Cowen erklärte am Mittwoch, wie er er die Staatsausgaben senken und die Steuern anheben will.

© dpa

Euro-Hilfe: So spart Irland

Ministerpräsident Brian Cowen will die Ausgaben um zehn Milliarden Euro kürzen. 25.000 Stellen sollen wegfallen. Und die Mehrwertsteuer wird erhöht.

Berlin/Dublin - Es war mit Sicherheit einer der schwierigsten Tage im politischen Leben von Brian Cowen. Am Mittwoch verkündete der irische Ministerpräsident seinen Landsleuten, wie er den hoch verschuldeten Haushalt wieder ins Gleichgewicht bringen will. Und das bedeutet: Fast alle Iren müssen sparen. Studenten und Rentner, Sozialhilfeempfänger und Schulen. Verschont werden nur die Unternehmer.

Cowen will die Ausgaben in den kommenden vier Jahren um zehn Milliarden Euro kürzen. 2,8 Milliarden Euro wird der Staat allein bei den Sozialleistungen herausschneiden. Die Rentner bekommen weniger, die Zuweisungen an die Schulen werden gekappt, Studenten müssen Gebühren zahlen. Im öffentlichen Dienst werden Gehälter gekürzt. 25 000 Jobs sollen wegfallen. Zudem will der Staat fünf Milliarden Euro mehr einnehmen, indem er die Steuern erhöht. So soll die Mehrwertsteuer von derzeit 21 Prozent auf 23 Prozent steigen. 40 Prozent oder sechs Milliarden Euro des Gesamtpaketes sollen bereits 2011 wirksam werden. „Die Ziele dieses Plans sind anspruchsvoll, aber realistisch“, hieß es in dem Papier, das Cowen dem Parlament vorlegte.

Für ein Land wie Deutschland klingt das wenig. Allerdings hat Irland nur rund vier Millionen Einwohner, in Deutschland sind es mehr als 80 Millionen. Ein Abbau von rund 25 000 Stellen in Irland käme in Relation zur Bevölkerung in Deutschland also der Kürzung von 500 000 Stellen gleich. Eine Kürzung des Gesamtbudgets um 15 Milliarden Euro würde hierzulande Einsparungen von 300 Milliarden Euro bedeuten.

An dem im europäischen Vergleich sehr niedrigen Gewerbesteuersatz von 12,5 Prozent will Ministerpräsident Cohen festhalten. Abgeordnete der größten vier Fraktionen im Europäischen Parlament forderten am Mittwoch in Straßburg, die Unternehmenssteuer müsse in allen Euro-Staaten mindestens 25 Prozent betragen. Sie werfen der irischen Regierung vor, mit niedrigen Steuern reihenweise Firmen ins Land gelockt zu haben, Firmen die anderswo in Europa fehlen. Die Iren wiederum fürchten, dass ihre Wirtschaft einbricht, wenn sie die Gewerbesteuer auf gesamteuropäisches Niveau heben. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaftsleistung um 7,6 Prozent geschrumpft. Davon haben auch die EU-Partner nichts. Schließlich wollen sie, dass Irland in den kommenden Jahren genügend Geld einnimmt, um die Kredite von Internationalem Währungsfonds (IWF) und der EU wieder zurückzahlen zu können.

Irland hatte sich am Wochenende nach langem Zögern bereit erklärt, die EU-Hilfen zu beantragen. Sie sollen etwa 85 Milliarden Euro umfassen. Das Geld werden vor allem die irischen Banken erhalten: Die Lage des Finanzsystems ist einem Zeitungsbericht zufolge so kritisch, dass die Banken schon am Wochenende Not-Gelder von der Regierung erhalten sollen. Mit den Sparmaßnahmen will Dublin aber auch die Neuverschuldung von derzeit 32 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2014 auf die von der EU vorgeschriebene Grenze von drei Prozent reduzieren.

Voraussetzung dafür, dass die EU-Gelder fließen, ist ein Sparplan, der die Geldgeber überzeugt. Die EU-Kommission machte den Iren am Mittwoch Mut: Der Plan sei eine stabile Grundlage für die Verhandlungen über haushalts- und strukturpolitische Reformen, die der internationalen Finanzhilfe zugrunde liegen, sagte Währungskommissar Olli Rehn. Ob der irische Ministerpräsident seinen Plan im Parlament durchsetzen kann, gilt aber als fraglich. Die Unterstützung in der Regierungskoalition wackelt. Für Januar hat Cowen Neuwahlen angekündigt.

Volkswirte kritisierten das irische Sparpaket am Mittwoch umgehend als unrealistisch. Die Wirtschaft werde viel stärker unter den drakonischen Einsparungen leiden als von der Regierung angenommen, hieß es. Es sei absehbar, dass sie ihre Sparziele nicht erreichen könne. Zudem bedeuteten die angekündigten Neuwahlen, dass die Umsetzung der Pläne durch die nächste Regierung nicht gesichert sei. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s stufte die Kreditwürdigkeit Irlands denn auch erneut herunter. Die Risikoaufschläge für irische Staatsanleihen stiegen weiter, genau so wie für Portugal, Spanien und Griechenland. Und selbst die Bundesrepublik hatte am Mittwoch Schwierigkeiten, eine neue Staatsanleihe zu platzieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte zur Stabilisierung von Deutschland und der EU nach der Finanzkrise eine stärkere Angleichung der europäischen Wirtschaftspolitik. Die Europäische Union sei bereits „auf dem Weg, eine gemeinsame, kohärente Wirtschaftspolitik zu schaffen“, sagte Merkel im Bundestag. In der EU müsse zudem ein permanenter Euro-Krisenmechanismus geschaffen werden, bei dem notfalls auch private Gläubiger zur Kasse gebeten werden. mit dpa, rtr

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