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Noch Luft drin. Das gilt auch für den Spielraum des Hilfsfonds ESM mit einer Ausleihkapazität von 450 Milliarden Euro.

© dpa

Euro-Krise: Rettungsfonds künftig direkt für die Banken

Die EU-Finanzminister wollen den „Teufelskreis“ von Bankenhilfen und Staatsverschuldung durchbrechen. Die Bundesregierung stellt Bedingungen, damit Geld potenziell in den europäischen Süden überhaupt fließen kann.

Ein weiterer umstrittener Baustein der Krisenbekämpfung im Euro-Raum steht: Die EU-Finanzminister haben sich in ihrer Sitzung in Luxemburg auf die Regeln für eine direkte Bankenrekapitalisierung aus dem Euro-Rettungsschirm verständigt. Der offiziell Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM) genannte Fonds, der sich über die Haftungszusagen der Mitgliedstaaten finanziert, kann auf dieser Grundlage künftig Geldhäuser direkt stützen.

Diese Möglichkeit geht auf einen Beschluss des EU-Gipfels vor fast genau einem Jahr zurück. Das Ziel war, den „Teufelskreis“ von Bankenhilfen und Staatsverschuldung zu durchbrechen. Kurz zuvor war Spanien bereits Finanzhilfe aus dem Hilfstopf für das Pleiteinstitut Bankia zugesagt worden, was wiederum die Schuldenquote Madrids in die Höhe schnellen ließ und potenzielle Käufer spanischer Staatsanleihen verschreckte.

An diesem 29. Juni hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür aber die Bedingung formuliert, dass zuvor eine einheitliche Bankenaufsicht für die Euro-Zone geschaffen werden müsste. Die gesetzlichen Grundlagen dafür sind geschaffen, doch erst frühestens Mitte 2014 wird bei der Europäischen Zentralbank die Arbeit aufgenommen werden können.

Inzwischen sind von Seiten der Bundesregierung weitere Bedingungen hinzugefügt worden, bevor diese neue Möglichkeit des Geldflusses – potenziell von Deutschland in den europäischen Süden – überhaupt eröffnet wird. So sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor der gestrigen Sitzung, man werde lediglich „Grundzüge der direkten Bankenrekapitalisierung beschließen“.

Tatsächlich wurde am Ende eine Art Vorratsbeschluss gefasst: Die neuen Regeln sollen nach Angaben eines EU-Diplomaten erst wirksam werden, wenn es Klarheit über weitere Elemente der Bankenunion gibt. „Deutschland will keine Zeit schinden“, sagte er angesprochen auf die Bundestagswahl, vor der unangenehme Beschlüsse möglicherweise vermieden werden sollten, „das ist eine inhaltliche Frage“.

Krisenländer sind enttäuscht

Die Bundesregierung pochte in den gestrigen Verhandlungen darauf, dass erst die beiden EU-Richtlinien über die Bankenabwicklung und über die Einlagensicherungssysteme mit dem Europaparlament fertig verhandelt sein müssen, ehe man die nun gefundenen Regeln abschließend akzeptieren würde. Frühestens angewendet werden können sie ohnehin erst, wenn die neue Euro-Bankenaufsicht die Arbeit aufgenommen hat. Nach Einschätzungen aus Kreisen der Zentralbank wird das vor Ende 2014 kaum der Fall sein können. Schäuble wies zudem daraufhin, dass das deutsche ESM-Gesetz dafür ebenfalls noch geändert werden muss.

Die Krisenländer sind entsprechend enttäuscht. Sie sehen sich zudem mit stark eingeschränkten Zusagen aus dem ESM konfrontiert, der nach den Zahlungen im Zuge der Hilfsprogramme für Spanien und Zypern noch über 90 Prozent seiner Ausleihkapazität verfügt – also rund 450 Milliarden Euro. Davon sollen nun maximal 60 Milliarden Euro für Bankenstützungen zur Verfügung stehen. Außerdem wird ausgeschlossen, dass ein Euroland seine Bankprobleme ganz in europäische Haftung geben kann. Der Eigenanteil, der gestern festgelegt wurde, wird bei 20 Prozent liegen. Wenn die neue europäische Aufsicht gerade erst die Kontrolle übernommen hat, soll dieser Anteil noch höher liegen.

Die größte Enttäuschung jedoch dürfte für Staaten wie Irland und Spanien sein, dass die neuen Regeln mit großer Sicherheit nicht automatisch für die bereits aufgelaufenen Bankprobleme gelten werden. „Ich glaube nicht, dass wir großen Spielraum haben, die direkte Bankenrekapitalisierung rückwirkend anzuwenden“, hatte Schäuble schon bei seiner Ankunft gesagt. Schließlich sei das Volumen des Euro-Rettungsschirmes „begrenzt“. Am Ende einigte man sich darauf, so der deutsche Minister, dass rückwirkende Hilfe „im Einzelfall nicht ausgeschlossen wird“.

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