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Berliner Wirtschaft BMW

© dpa

Euro-Kurs: Flaute für Berlin

Der starker Euro schadet der Berliner Wirtschaft: Bei vielen Unternehmen ist die Schmerzgrenze erreicht. Die Schulden drücken. Einige befürchten sogar eine Millionenbelastung.

Der anhaltend hohe Euro-Kurs macht vielen Berliner und Brandenburger Unternehmen zu schaffen. „Wenn sich dauerhaft ein Euro-Kurs von 1,50 gegenüber dem Dollar einpendelt, können wir die deutsche Produktion für den US-Markt dichtmachen“, sagt Horst Schmidt, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Gerb. Mit seinen 130 Mitarbeitern in Berlin und 400 weltweit stellt Gerb Schwingisolierungen für große Gebäude und Verkehrsmittel her. Ein Großteil des Exports geht in die USA und nach Asien.

Vor allem der exportabhängige Maschinenbau ist vom starken Euro betroffen. „Die Schmerzgrenze ist erreicht“, sagte Reinhard Pätz, Geschäftsführer des Branchenverbandes VDMA Nordost, dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Firmen hätten Währungsschwankungen zwar in ihren Planungen berücksichtigt, „aber nicht in diesem Maße“. Er rechnet deshalb bei einigen Unternehmen mit Problemen, wenn der Euro-Kurs längere Zeit auf dem jetzigen Niveau bleibt. Auch die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) ist beunruhigt. „Die Erfolge der Industrie in Berlin sind in den vergangenen zwei Jahren vor allem auf die zunehmende Exportfähigkeit zurückzuführen“, sagte Hauptgeschäftsführer Hartmann Kleiner dieser Zeitung. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, bekommen unsere Industrieunternehmen Schwierigkeiten auf den außereuropäischen Märkten.“

Horst Schmidt von Gerb plant schon, die Produktion vermehrt über seine chinesische Tochterfirma laufen zu lassen. Nur so könne das Unternehmen unabhängiger von schwachen Währungen werden. Bislang habe Gerb beim Verkauf nach Asien vor allem die Preise gesenkt. „Bei einem Kursverfall von bis zu 20 Prozent bleibt da aber kaum noch Gewinn übrig“, sagt Schmidt. Für den Export in die USA habe sich Gerb noch bis Ende 2008 einen Euro-Kurs von 1,30 gesichert.

Dem Autozulieferer Körber ist schon vor zwei Jahren „das USA-Geschäft komplett weggebrochen“, wie Geschäftsführer Benjamin Körber sagt. Grund sei auch damals der schon hohe Euro-Kurs gewesen. Jetzt will Körber den US-Markt neu erschließen und im Januar ein Werk im Bundesstaat South Carolina eröffnen.

Auch BMW spürt den Kursverfall des US-Dollar. Mit knapp 2200 Mitarbeitern stellt der Konzern in seinem Berliner Werk Motorräder her. Rund 30 Prozent der BMW-Produkte gehen in die USA und nach Asien. Schon 2006 hatte der starke Euro nach Konzernangaben negative Auswirkungen: 666 Millionen Euro kosteten den gesamten Konzern demnach die Auswirkungen des starken Euro. „In diesem Jahr werden wir aber unter diesem Niveau liegen“, sagt der Münchner BMW-Sprecher Mathias Schmidt. Bei welchem Euro-Kurs die Schmerzgrenze für BMW erreicht sei, will Schmidt nicht öffentlich sagen.

Ein weiter steigender Euro wird auch für den Bayer-Konzern – in Berlin mit der Pharmatochter Bayer-Schering vertreten – zum Problem. „Eine Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um ein Prozent bedeutet für das Ergebnis eine Belastung von etwa 20 Millionen Euro“, sagte Bayer-Sprecher Christian Hartel dem Tagesspiegel am Sonntag. Der Konzern schütze sich daher schon seit längerem vor Kursschwankungen. Eine weitere Möglichkeit, den Belastungen zu begegnen, sei, noch mehr direkt in den USA und China zu produzieren, sagte Hartel. Hinter Europa ist der Nordamerika- Raum bereits jetzt der größte Exportmarkt für Bayer.

Die Siemenssparte Power Generation, die in Berlin mit 2200 Mitarbeitern Gasturbinen für Kraftwerke produziert, sieht die Euro-Schwankungen dagegen gelassen. Zum einen sitzt ein Teil der Wertschöpfung in den USA. Zum anderen würde der Wettbewerbsnachteil durch Rohstoffeinkäufe in Dollar kompensiert, sagt ein Sprecher. Die langfristigen Verträge – 2008 sollen mehr als 60 Großturbinen das Berliner Werk verlassen – enthielten Preisabsicherungen für den Fall von Währungsschwankungen.

Auch die Berliner Elektroindustrie gibt derzeit noch Entwarnung. Laut Josefine Haak vom Zentralverband der Elektroindustrie (ZVEI) sind höchstens zehn Prozent der Unternehmen überhaupt durch US-Wettbewerber oder Exporte in den Dollar-Raum betroffen. Das meiste gehe in die europäischen Nachbarländer.

Noch sorgt die weltweit hohe Nachfrage nach deutschen Produkten dafür, dass viele Unternehmen den hohen Euro-Kurs nicht so stark spüren. „Wir haben volle Auftragsbücher“, sagt VDMA-Geschäftsführer Pätz, „da geht es oft gar nicht um den Preis, sondern vielmehr um Lieferzeiten“. Doch dies muss nicht immer so bleiben. Lässt die Weltkonjunktur nach, bekommt auch Berlin Probleme. Das weiß auch UVB-Geschäftsführer Kleiner. „Solange die Güter gebraucht werden, ist alles in Ordnung“, sagt er. „Doch was passiert, wenn die Nachfrage nachlässt?“

Stefan Kaiser[Lisa Wandt], Alexander Wragge

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