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Wirtschaft: Euro: Öl und die Europawährung bremsen das Wachstum

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat angesichts steigender Ölpreise und des schwachen Euros vor einer Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums gewarnt. Zwar korrigierte der IWF seine Prognose für das laufende Jahr nach oben.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat angesichts steigender Ölpreise und des schwachen Euros vor einer Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums gewarnt. Zwar korrigierte der IWF seine Prognose für das laufende Jahr nach oben. 2001 könnte die teure Energie jedoch den Zuwachs der Wirtschaftsleistung um bis zu 0,5 Prozentpunkte auf rund 3,75 Prozent drücken, sagte IWF-Chefvolkswirt Michael Mussa am Dienstag in Prag. Auf den Rohöl-Märkten war derweil kein Ende des Preisauftriebs in Sicht.

In seinem nun veröffentlichten halbjährlichen Konjunkturbericht geht der IWF für 2001 noch von einem globalen Wachstum von 4,2 Prozent aus. Für das laufende Jahr rechnen die IWF-Experten mit 4,7 Prozent. Hohe Öl-Preise könnten eine "abschwächende Wirkung" auf die globale Nachfrage und damit auf das Wirtschaftswachstum haben, betonte Mussa. Auch die Unausgewogenheit zwischen den führenden Volkswirtschaften USA, EU und Japan könnten bei ungünstigen Entwicklungen zu Einbrüchen in der Weltkonjunktur führen. Ein Barrel der Nordseesorte Brent am Dienstagnachmittag 33,50 Dollar, das war etwas weniger als am Montag. Der Euro-Referenzkurs wurde auf 0,8541 (Montag: 0,8526) Dollar festgelegt. Der Dollar kostete damit 2,2899 Mark.

Das Weltwirtschaftswachstum werden die hohen Ölpreise nach gegenwärtiger Einschätzung der IWF-Experten aber nicht dauerhaft verlangsamen. Allerdings habe dies eine insgesamt preistreibende Wirkung. Am schwersten würden die nicht ölproduzierenden Entwicklungsländer getroffen.

Mit der Prognose eines weltweiten Wirtschaftswachstums von 4,7 Prozent im laufenden Jahr zeigte sich der IWF optimistischer als noch vor einem halben Jahr. Damals hatte die Organisation mit einem um 0,5 Prozent schwächerem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) gerechnet. Bei den 4,2 Prozent für 2001 liegt der IWF nun 0,3 Prozent über den im April vorhergesagten Wert. Für die Euro-Zone liegt die IWF-Prognose bei 3,5 Prozent für dieses und 3,4 Prozent für das kommende Jahr. Der IWF forderte die elf Euro-Mitglieder auf, geplante Strukturreformen zu beschleunigen, um den Aufschwung nicht abzuwürgen. Dabei müsste vor allem Bürokratie abgebaut werden, die den Wettbewerb beschränke und den Start junger Unternehmen erschwere. Für Deutschland erwarten die IWF-Experten im laufenden Jahr ein Wachstum von 2,9 Prozent; das sind nur 0,1 Prozentpunkte mehr als im April veranschlagt. Für 2001 blieb die Vorhersage mit 3,3 Prozent unverändert. Lob zollte der IWF der jüngst verabschiedeten Steuerreform in Deutschland. Sie sei ein bedeutender Schritt vorwärts.

Der IWF sieht auch die meisten anderen Länder der Welt im Aufwärtstrend. Die US-Wirtschaft wird der Organisation zufolge im laufenden Jahr um 5,2 Prozent wachsen. Für 2001 gehen die IWF-Experten allerdings von einer Verlangsamung aus: Dann dürfte die US-Wirtschaft nur noch um 3,2 Prozent wachsen. Japan legt der Prognose zufolge in diesem Jahr um 1,4 Prozent und im kommenden Jahr um 1,8 Prozent zu. Dank des hohen Ölpreises wurde die Prognose für Russland um 5,5 Prozentpunkte auf 7,0 Prozent nach oben korrigiert.

Trotz der recht guten Aussichten mahnen die Vereinten Nationen die Industrieländer zur Wachsamkeit. Zwar laufe die Weltwirtschaft trotz der hohen Ölpreise auf vollen Touren, sodass die UN-Handels- und Entwicklungskonferenz (Unctad) mehr als drei Prozent Wachstum in diesem Jahr für möglich hält, vor allem dank der ungebremst erfolgreichen US-Wirtschaft. "Es ist sehr ermutigend zu sehen, wie problemlos die Welt den scharfen Anstieg der Ölpreise seit Mitte 1999 verkraftet hat", schreibt die Unctad in ihrem neuen Handels- und Entwicklungsbericht. Dennoch "signalisieren die hohen Ölpreise das Ende der Ära billiger Energie", sagte Unctad-Generalsekretär Rubens Ricupero in Genf. Die Auswirkungen seien derzeit geringer als bei früheren Ölpreisschocks, weil die Wirtschaft nicht mehr in demselben Maß vom Öl abhängig sei. Die Unctad zitiert aber eine Weltbankstudie, wonach ein Ölpreis von 30 Dollar pro Barrel in diesem und 25 Dollar im nächsten Jahr das Wachstum der Weltwirtschaft um 0,2 Prozentpunkte in diesem und um 0,4 Prozentpunkte im nächsten Jahr reduzieren würde.

Die Ölpreise machten vor allem den ärmsten, erdölimportierenden Entwicklungsländern zu schaffen. "Die Unctad wird die Organisation erdölimportierender Länder bitten, den ärmsten Ländern zur Hilfe zu kommen", kündigte Ricupero an. Außerdem werde die US-Konjunktur sich über kurz oder lang abkühlen, womit die EU Exportchancen verliere, die ihre eigene Erholung ersticken könnte. Damit sei es unwahrscheinlich, dass die EU die USA als Motor der Weltwirtschaft und Abnehmer der Exportprodukte von Entwicklungsländern ablöse.

Neue Wirtschaft keine Zauberformel

Im Spannungsfeld zwischen den Versprechungen der technologie-gestützten "neuen Wirtschaft" und den negativen Auswirkungen der Globalisierung könnten die Entwicklungsländer aber auch einmal mehr das Nachsehen haben. Es reiche nicht, die "neue Wirtschaft" als Zauberformel zu beschwören, schreibt die Unctad. Die Wachstumsaussichten der armen Länder könnten schnell schwinden, wenn die reichen Länder die globale Auswirkung ihrer wirtschaftspolitischen Entscheidungen weiter ignorieren. "Vertrauen in die Marktkräfte und Geldpolitik allein reicht nicht aus", findet die Unctad.

Als Hintergrund für das hohe Ölpreisniveau nannten Analysten unterdessen die jüngsten Spannungen zwischen Irak und Kuwait. Bagdad hatte dem Emirat vergangene Woche Öl-Diebstahl vorgeworfen. Marktkenner sorgten sich daher um mögliche Fördereinschränkungen. Der größe Ölförderer Saudi-Arabien erklärte sich bereit, seine Fördermenge "sofort" auszuweiten, sollte dies nötig sein, um den Preisdruck zu mindern. Die hohen Ölpreise können nach den Worten des Berliner Finanzstaatssekretärs Caio Koch-Weser nicht im Interesse der Opec-Staaten sein. Es würden damit Prozesse zum Ersatz des Öls in Gang gesetzt, die den Förderländern eher schaden könnten, sagte Koch-Weser am Dienstag in Berlin.

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