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Wirtschaft: Europa hinkt USA hinterher - Zeit für Reformen in Deutschland - Konferenz in Berlin

Die Krise der Rentenversicherungssysteme ist in Europa weitaus bedrohlicher als in den Vereinigten Staaten. Das ist das Fazit von Professor Martin Feldstein, Präsident des National Bureau of Economic Research (NBER) in USA, nach einer internationalen Konferenz zum Thema: "Wie werden wir mit der Rentenkrise fertig - wo steht Europa?

Die Krise der Rentenversicherungssysteme ist in Europa weitaus bedrohlicher als in den Vereinigten Staaten. Das ist das Fazit von Professor Martin Feldstein, Präsident des National Bureau of Economic Research (NBER) in USA, nach einer internationalen Konferenz zum Thema: "Wie werden wir mit der Rentenkrise fertig - wo steht Europa?" in Berlin. Dabei hinkten die großen Länder Europas wie Frankreich, Italien und Deutschland bei den Reformen ihrer Rentenversicherungssysteme hinterher, fügte Professor Horst Siebert vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel hinzu.

Die internationalen Experten waren sich denn auch einig, dass die Reformen der Systeme nicht mehr länger hinausgezögert werden dürften. "Besonders in Deutschland ist das System so nicht weiter haltbar", sagte Siebert, der auch Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage ist.

Denn bliebe alles beim Alten, werden in den kommenden Jahren entweder die Rentenbeiträge stark steigen oder die Leistungen aus dem Umlage-System umfassend gekürzt werden müssen. Noch höhere Lohnnebenkosten, so warnen die Wissenschaftler, erhöhen aber nur noch weiter die Arbeitslosigkeit und schwächen überdies die Rentenkassen. Nach Ansicht Feldsteins führt deshalb gerade in Deutschland, Frankreich und Italien kein Weg daran vorbei, auf jeden Fall die Leistungen aus dem Umlageverfahren zu kürzen.

Siebert wies außerdem darauf hin, dass diejenigen Länder weniger von Krisen in ihren Rentensystemen bedroht sind, deren Systeme auf verschiedenen Säulen basieren: Tragfähiger seien also die Versicherungssysteme, in denen die erwerbstätige Bevölkerung nicht nur durch ihre Beiträge die aktuellen Leistungen für die Rentner finanzierten (Umlageverfahren), sondern in denen die Beschäftigten beispielsweise auch in Pensionsfonds eine private Altersvorsorge aufbauen könnten (Kapitaldeckungsverfahren). Wie Siebert sagte, sei die Lage vor allem in den Ländern stabil, die sich weniger auf das Umlageverfahren stützen, wie etwa in England und Holland. Er wies aber auch darauf hin, dass der Umbau der Rentensysteme dann besonders schwieriger sei, wenn Gewerkschaften an der Rentendebatte beteiligt seien. In Frankreich sei dies besonders deutlich geworden.

Nach wie vor strittig - auch unter Wissenschaftlern - ist die Frage, wie das Verhältnis zwischen Umlageverfahren und Kapitaldeckungverfahren in Deutschland aussehen könnte. Während etwa der Darmstädter Professor und Mitglied im Sachverständigenrat, Bert Rürup, sich für ein Verhältnis von etwa 60 Prozent Umlageverfahren zu 40 Prozent Kapitaldeckungsverfahren ausspricht, hält der Mannheimer Professor Axel Börsch-Supan dies noch nicht für aussreichend.

Die Experten wiesen aber auch darauf hin, dass auch in Ländern mit einem hohen Anteil von eigener privater Vorsorge, wie in Großbritannien, nicht alles Gold ist, was glänzt. Gerade bei den verschiedenen Fonds herrsche ein regelrechter Wildwuchs. Wie David Blake von der University of London ausführte, seien die Kosten der Fonds oft sehr hoch und undurchschaubar. Darüberhinaus hätten viele Pensionsfonds eine unterdurchschnittliche Performance. Nur die Hälfte der untersuchten Fonds hätte den Index schlagen können. Gerade für Staaten, die das Kapitaldeckungsverfahren aufbauten, sei es deshalb besonders wichtig, von Anfang an für Transparenz in diesem Sektor zu sorgen und Kosten und Renditen genau zu regeln.

Ingesamt zeigte sich der US-Ökonom Feldstein erstaunt, wie unterschiedlich die Altersvorsorge in den einzelnen europäischen Ländern geregelt ist, wo es doch mittlerweile einen gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt gebe.

Karin Birk

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