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Die Zentrale der belgisch-französischen Dexia in Brüssel

© dpa

Europäische Bankenkrise: Zerschlagung soll Dexia vor Kollaps bewahren

Eine europäische Bankenkrise gibt es offiziell noch nicht - eine erste Großbank in existenzbedrohender Lage aber schon. Belgien und Frankreich sehen sich gezwungen einzugreifen.

Die belgisch-französische Bank Dexia wird das erste große Opfer der europäischen Schuldenkrise. Die Regierungen in Paris und Brüssel bereiten eine Zerschlagung des Finanzinstituts mit rund 35.000 Mitarbeitern vor. Das nährt die Furcht vor einer neuen Bankenkrise in Europa, zumal EU-Währungskommissar Olli Rehn die Dringlichkeit hervorhob, die Finanzinstitute zu stärken. „Die Kapitalausstattung der europäischen Banken muss verbessert werden“, sagte Rehn der „Financial Times“.

Aus Furcht vor einem Zusammenbruch der Dexia-Bank holten Kunden bereits am Dienstag rund 300 Millionen Euro von ihren Konten, wie die belgische Zeitung „De Tijd“ unter Berufung auf Unternehmensquellen berichtete. „Wir bekommen viele Fragen und wir müssen viel zu unserer Lage erklären“, sagte eine Sprecherin. Als Hauptgrund für die Schieflage von Dexia gelten Liquiditätsprobleme. Weil die Bank problematische Wertpapiere für 95 Milliarden Euro hält, gilt sie an den wegen der Schuldenkrise misstrauischen Märkten als Risikofaktor und hat große Schwierigkeiten, sich frisches Kapital zu besorgen.

Belgiens amtierender Ministerpräsident Yves Leterme bemühte sich um Schadensbegrenzung. Die Einlagen der heimischen Kunden seien sicher, der Staat garantiere den Fortbestand des belgischen Teils von Dexia. Dessen Scheitern stehe nicht zur Debatte. Damit gehe die Garantie über die bestehende Sicherung von Einlagen bis zu 100.000 Euro hinaus, betonte Leterme. Mit Frankreich werde derzeit über eine gerechte Aufteilung der Rettungskosten verhandelt. Es gebe keinen Grund zur Annahme, dass Frankreichs „AAA“-Rating wegen der Dexia-Krise gefährdet sein könnte.

Für die vor allem als Finanzier französischer Kommunen bedeutende Dexia soll bis Donnerstag eine Lösung gefunden sein, wie Frankreichs Finanzminister Francois Baroin RTL Radio sagte. Es sei „unbestreitbar“, dass Dexia in seiner derzeitigen Form nicht weitermachen könne. Riskante Papiere sollen in eine „Bad Bank“ ausgelagert werden. Das Kommunalfinanzierungsgeschäft in Frankreich, Dexma, soll mit der staatlichen Caisse des Depots (CDC) und der Postbank Banque Postale zusammengelegt werden. Baroin sagte, das wäre „eine sehr solide“ Lösung.

Der belgische Teil könnte verstaatlicht werden, wie Ministerpräsident Yves Leterme sagte. Investmentbanker halten auch eine Großfusion mit der belgischen Bank KBC für denkbar. Die türkische Tochter Denizbank soll verkauft werden. Sie könnte Milliarden bringen. Auch die Privatbank-Tochter in Luxemburg steht zur Disposition. Frankreich, Belgien und die Notenbanken beider Länder hatten Dexia am Dienstag mit einer Garantie für die Sparer gestützt. „Wir werden Dexia soviel leihen wie sie braucht“, sagte Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer.

Die EU-Kommission rief Frankreich und Belgien zu einem eng abgestimmten Vorgehen auf. „Jegliche neue Staatshilfe muss natürlich bei der Kommission angemeldet und von ihr genehmigt werden“, unterstrich eine Sprecherin der Kommission. Die Bank hatte 2008 schon einmal mit sechs Milliarden Euro gerettet werden müssen.

Womöglich ist Dexia nicht die letzte Bank, die Hilfe benötigt. Im Sog der Schuldenkrise trauen sich die Institute gegenseitig kaum noch über den Weg und horten ihr Geld im großen Stil bei der Europäischen Zentralbank. In der Nacht zum Mittwoch parkten sie dort mehr als 213 Milliarden Euro über Nacht. Dies ist die größte Summe seit Juli 2010. Das Misstrauen ist so groß, weil niemand weiß, wie groß die Löcher sind, die eine Pleite Griechenlands in die Bilanzen reißen würde. Vor allem Banken in Italien und Frankreich stehen unter Beobachtung. (dpa/rtr)

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