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Wirtschaft: Europäische Union und USA wollen ihre Handelskonflikte früher entschärfen

BONN (sah/ran/HB). Die Europäische Union und die USA wollen künftig früher reagieren, wenn sich Handelsstreitigkeiten oder politische Konflikte im gegenseitigen Verhältnis abzeichnen.

BONN (sah/ran/HB). Die Europäische Union und die USA wollen künftig früher reagieren, wenn sich Handelsstreitigkeiten oder politische Konflikte im gegenseitigen Verhältnis abzeichnen. Beide Seiten müßten besser zusammenarbeiten, um mögliche Probleme bereits in einem frühen Stadium zu erkennen und anzugehen, heißt es in einer Erklärung, die beim europäisch-amerikanischen Gipfel am Montag in Bonn verabschiedet wurde. Darin wird die Einrichtung eines Frühwarnsystems angekündigt. Dafür sollen jedoch keine neuen Institutionen geschaffen, sondern die bestehenden genutzt werden. Ausdrücklich erwähnt werden die Lenkungsgruppe für die Transatlantische Wirtschaftspartnerschaft (TEP) und die Task Force für die Neue Transatlantische Agenda (NTA). Die Lenkungsgruppe soll sich in erster Linie mit Handels- und Finanzfragen befassen, die Task Force mit politischen Disputen. Ziel sei es, die Interessen der anderen Seite bereits bei der Ausarbeitung von politischen Grundsätzen oder Rechts- und Verwaltungsvorschriften frühzeitig zu berücksichtigen.

So ließen sich wichtige Handelskonflikte vermeiden, ist sich die US-Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky sicher. Als Beispiel nannte sie den Streit um das EU-Landeverbot für laute US-Flugzeuge, die mit bestimmten Schalldämpfern (Hushkits) nachgerüstet wurden. "Wenn wir rechtzeitig von den europäischen Plänen gehört hätten, dann wäre eine politische Lösung einfacher gewesen", sagte Barshefsky nach ihren Gesprächen in Bonn. So aber sei es erst zu öffentlichen Anschuldigungen gekommen, die den Weg zu einer Einigung blockierten.

In der gemeinsamen Erklärung bekräftigen EU und USA ihren Willen, die Beziehungen auszubauen, bestehende Handelsschranken weiter zu reduzieren und gemeinsam mehr Verantwortung für die Bewältigung regionaler Krisen zu übernehmen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte nach dem Treffen mit US-Präsident Bill Clinton, an dem auch EU-Kommissionspräsident Jacques Santer teilnahm, in dem Geist, in dem die Erklärung "abgefaßt ist, wollen wir auch die einzelnen handelspolitischen Probleme lösen". Clinton erklärte, bei dem Ausmaß der wirtschaftlichen Beziehungen seien "Reibereien" fast unvermeidlich. Diese Streitigkeiten dürften aber nicht die insgesamt guten Beziehungen zwischen der EU und der USA beeinträchtigen. In den vergangenen Monaten seien erhebliche Fortschritte zur Beilegung des Handelsstreits erzielt worden. "Aber es bleibt noch viel zu tun", sagte der amerikanische Präsident. Er betonte, auch ihm sei der Schutz von Verbrauchern wichtig. Er spielte damit auf den jüngsten Konflikt über das EU-Importverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA an. Bislang haben die Europäer keine wissenschaftlich stichhaltige Studie über die behaupteten Gesundheitsgefahren vorlegen können. "Auch unsere Landwirte haben Interesse an guten, gesunden Produkten", sagte Clinton.

Seine Handelsbeauftragte kritisierte, daß die EU-Zulassungsprozesse für Masthormone und Gentechnik nicht nur auf wissenschaftlichen Studien basierten, sondern auch politisch beeinflußt würden: "Solange die EU keine unpolitischen und transparenten Zulassungsverfahren einführt, fassen die Verbraucher auch kein Vertrauen in die Lebensmittelsicherheit", sagte Barshefsky. Künftig wollten die Europäische Union und die USA bei den Zulassungsverfahren enger kooperieren.

Als Muster für eine neutrale und anerkannte Zulassungsbehörde empfahl sie den Europäern die eigene Lebensmittelbehörde FDA (Food and Drug Administration). Den Vorschlag von Frankreichs Präsident Jacques Chirac, einen Weltausschuß für Lebensmittelsicherheit zu gründen, lehnte sie ab: "Eine derartige Behörde kann einzelne Mitglieder dazu verleiten, die notwendige Reform der Zulassungswege zu umgehen."

Wichtig sei zudem, bei Handelsstreitigkeiten die Entscheidungen internationaler Schiedsgerichte anzuerkennen, bekräftigte Clinton. Die EU hatte sich mehrfach geweigert, im Bananenkrieg mit den USA Urteile der WTO umzusetzen. Die US-Handelsbeauftragte äußerte sich auch zu Brüssels neuen Plänen skeptisch. Es sei fraglich, ob eine der drei diskutierten Alternativen überhaupt WTO-konform sei.

Der Koordinator für deutsch-amerikanische Zusammenarbeit, Karsten Voigt (SPD), hält eine schnelle Beilegung des Handelsstreites zwischen der Europäischen Union (EU) und den USA um die Einfuhr von hormonbehandeltem Fleisch für nicht wahrscheinlich. Im Deutschlandradio Berlin sagte Voigt am Montag, zwar betreffe das Volumen des Streites nur etwa zwei Prozent des Handels zwischen beiden Partnern, aber es gehe um "hochsensible Themen". Ein möglicher Kompromiß könne darin bestehen, daß die EU zwar US-Fleisch importiere, aber daß auch Hormone, bei denen die EU keine Gefahren für die Gesundheit nachweisen könne, zumindest gekennzeichnet werden müßten.

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