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Wirtschaft: Europas Luftfahrtindustrie droht die Spaltung

LONDON / DÜSSELDORF (tor/kol/HB).Die offensichtlich bevorstehende Fusion von British Aerospace (BAe) und GEC Marconi läutet eine neue Runde in der Konsolidierung der Branche ein.

LONDON / DÜSSELDORF (tor/kol/HB).Die offensichtlich bevorstehende Fusion von British Aerospace (BAe) und GEC Marconi läutet eine neue Runde in der Konsolidierung der Branche ein.Die Dasa, bis vor kurzem selbst als Partner von BAe gehandelt, muß sich eine neue Strategie suchen.Die Gespräche über eine Zusammenarbeit im Rüstungssektor seien weit "fortgeschritten", eine weitere Mitteilung werde bald folgen, teilten BAe und GEC am Montag in London mit.

Eine Entscheidung über die Übernahme der GEC Marconi - der Rüstungssparte des Elektronikriesen General Electric Company Plc - durch BAe wird am Mittwoch erwartet.Dann will GEC-Chef Lord Simpson seinen Verwaltungsrat über den Stand der Verhandlungen unterrichten.Die Börse reagierte am Montag mit leichten Kursgewinnen für GEC, BAe verlor dagegen an Boden.Hintergrund für die Kursentwicklung ist offenbar die Furcht der Investoren, BAe könnte zuviel für GEC Marconi zahlen.Einige Analysten vermuten, daß der Luftfahrtkonzern bereit ist, bis zu acht Mrd.Pfund (etwa 11,2 Mrd.Euro) für die Rüstungssparte auf den Tisch zu legen.Nick Cunningham, Analyst bei der Investmentbank Salomon Smith Barney, schätzt den Wert von GEC Marconi jedoch nur auf rund sechs Mrd.Pfund.BAe will offenbar auf jeden Fall verhindern, daß GEC seine Rüstungssparte an die amerikanische oder französische Konkurrenz verkauft und damit den britischen Markt für ausländische Wettbewerber öffnet.

Der härteste Mitbewerber um die Marconi-Übernahme, Thomson-CSF aus Frankreich, scheint damit aus dem Rennen.Die GEC-Sparte ist für die Konkurrenz vor allem deshalb so attraktiv, weil sie in der ertragsstarken Rüstungselektronik als führend in Europa gilt.Die Übernahme von GEC Marconi würde BAe zudem zum weitaus größten europäischen Rüstungskonzern mit einem gemeinsamen Umsatz von umgerechnet rund 33 Mrd.DM machen.Sollte die britische Fusion so über die Bühne gehen, wie es sich jetzt abzeichnet, dann wird bei der Branchen-Neuordnung für die DaimlerChrysler Aerospace (Dasa) die Luft dünn.Den deutschen Luftfahrtmanagern ist klar: Alle drei für sie nun mögliche Strategien - der Anschluß an die Fusion zwischen BAe und GEC, eine Annäherung an die Franzosen oder ein weiterer vorläufiger Alleingang - bergen erhebliche Risiken.

Bei einem Zusammengehen mit den Briten würde sie die Größe des neuen Rüstungsgiganten auf der Insel zum Juniopartner degradieren.Mit einem Umsatz von zuletzt rund 20,5 Mrd.DM für BAe und 10 Mrd.DM für GEC-Marconi ist der britische Beitrag doppelt so groß, wie das, was die Dasa beizusteuern hätte.Entschärft werden könnte das Problem höchstens durch Druck der Regierungen.So heißt es bereits aus London, daß ein Zusammenschluß von BAe und GEC kartellrechtlich wohl nur genehmigt würde, wenn die Unternehmen sich zugleich mit der Dasa über einen späteren Beitritt einigen würden.

Wahrscheinlich ist, daß sich die Dasa statt den Briten nun den Franzosen nähert.So hat ein Dasa-Sprecher bereits bestätigt, daß das Unternehmen in jüngster Zeit "vermehrt Gesprächswünsche aus Frankreich" erreichten.Starke gemeinsame Interessen haben Dasa und Aerospatiale insbesondere beim Zivilflugzeughersteller Airbus, an dem sie mit jeweils 37,9 Prozent beteiligt sind, BAe jedoch nur mit 20 Prozent.Doch auch im Verhältnis zu Aerospatiale hat die Dasa die durchaus schwächere Position.Denn Aerospatiale, bisher schon vom Umsatz größer als der deutsche Konkurrent, hat mit der so gut wie vollzogenen Fusion mit Matra Hautes Technologies weiter an Gewicht zugelegt.

Eine Spaltung der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie in ein britisches und ein deutsch-französisches Lager würde nach Ansicht von Fachleuten die angestrebte europäische Konsolidierung nicht leichter machen.Bisher hatte die Dasa ihre Rolle in der Branchenneuordnung stets so definiert, daß sie sich als Mittler zwischen den französischen und britischen Interessen sieht.Nun besteht die Gefahr, daß die Deutschen zwischen allen Stühlen sitzen.

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