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Wirtschaft: Eurotower umzingelt

In Frankfurt am Main blockieren Demonstranten die EZB – der Krisenpolitik lehnen sie ab.

Frankfurt am Main - „Die Blockade steht“, meldeten die Demonstranten am Freitagmorgen um acht Uhr im strömenden Regen. Faktisch hatten aber eher die Polizisten die Europäische Zentralbank (EZB) abgeriegelt. Nur für Mitarbeiter der Notenbank wurde ein Zugang frei gehalten. Zudem waren viele EZBler ausnahmsweise schon um sechs Uhr in die Bank gekommen. Weiträumig war der Eurotower im Frankfurter Bankenviertel abgesperrt, Hunderte von Polizisten standen etwa 1000 Aktivisten der „Blockupy“-Bewegung gegenüber, die drei Tage lang in Frankfurt gegen die Krisenpolitik demonstrierten. Bis auf kleinere Rangeleien und dem kurzzeitigen Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei blieb es friedlich, auch wenn eine Sprecherin der Aktivisten von „Übergriffen“ der Polizei sprach. Auch bei einer Kundgebung vor der Zentrale der Deutschen Bank blieb es ruhig.

„Die EZB als Teil der Troika ist verantwortlich für die Sparprogramme und die Krisenpolitik“, meinte eine Demonstrantin. „Dagegen wollen wir ein Zeichen setzen.“ Die Krisenpolitik töte Menschen in Griechenland, die kein Gesundheitssystem mehr hätten; sie töte in Spanien und selbst in Berlin, weil dort Menschen im Winter aus ihren Wohnungen geworfen worden seien, erboste sich ein anderer.

Erfolgreich war das Blockupy-Bündnis zumindest darin, den Verkehr aus dem gesamten Frankfurter Bankenviertel herauszuhalten. Alle wichtigen Straßen waren gesperrt ebenso wie die U-Bahn-Station und die Straßenbahn-Haltestelle am Willy-Brandt-Platz direkt an der EZB. Zum Teil waren Bankfilialen im Bahnhofsviertel geschlossen. Sprecher der Blockupy-Bewegungen sprachen von bis zu 3000 Teilnehmern, die Polizei von 1000 bis 1500. Weder der Geschäftsbetrieb der EZB noch der der Deutschen Bank war wirklich gestört, zumal viele Mitarbeiter angesichts des Feiertags am Donnerstag ein langes Wochenende genommen hatten. Die Commerzbank und andere Institute waren keine Ziele der Proteste.

„EZB – echt ätzend“ skandierten die Aktivisten am frühen Morgen vor dem Eurotower. Drei Stunden lang währte der Protest. Gegen elf Uhr herrschte schon wieder weitgehend Ruhe am Willy- Brandt-Platz. Rund 150 Demonstranten waren vor die wenige hundert Meter entfernte Zentrale der Deutschen Bank gezogen, um dort gegen Landraub und Nahrungsmittelspekulation zu protestieren. Die beiden Banktürme waren mit Gittern abgesperrt und von mehreren hundert Polizisten gesichert. Andere Demonstranten waren unterdessen in die Haupteinkaufsstraße Zeil gelaufen, um dort unter anderem vor der Filiale der Textil-Billigkette Primark die Arbeitsbedingungen in Textilfabriken in Asien anzuprangern. Farbbeutel wurden gegen den Laden geschleudert. „Eure Mode ist so fesch wie der Tod in Bangladesch“, riefen Aktivisten.

Am Mittag fuhren etwa 200 Demonstranten raus aus der Stadt zum Flughafen, um dort gegen Abschiebungen zu protestieren. Getroffen hatten sich die Demonstranten aus mehreren europäischen Ländern am Mittwochabend auf einem Gelände am Stadtrand. Im „Camp anticapitalista“ bereiteten sie sich auf den „Widerstand im Herzen des europäischen Krisenregimes“ vor und debattierten über Kapitalismuskritik, die schlechten Lebensbedingungen in den Krisenländern Südeuropas und in den Textilfabriken Asiens. An diesem Samstag ist eine Großdemonstration geplant, zu der 20 000 Teilnehmer erwartet werden.

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