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Carlos Ghosn bei seiner Pressekonferenz in Beirut. Er nahm ausführlich zu den Vorwürfen gegen ihn Stellung.

© Maya Alleruzzo/AP/dpa

Ex-Nissan-Chef Ghosn: „Ich habe mich gefühlt, als wäre ich kein Mensch mehr“

Sichtlich aufgebracht hat sich Ex-Nissan-Chef Ghosn in Beirut zu seinem Fall geäußert. Der aus Japan geflohene Manager kritisierte Japans Justiz.

Der aus Japan geflohene Ex-Nissan-Chef Carlos Ghosn hat seine spektakuläre Flucht aus Japan in den Libanon mit dem aus seiner Sicht politisch gesteuerten und korrupten Verfahren gegen sich gerechtfertigt. Er habe sich wie eine „Geisel des Landes gefühlt, dem ich 17 Jahre meines Lebens gewidmet habe“, deshalb habe er keine andere Wahl gehabt, als zu fliehen, sagte er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Flucht in Beirut.

In keinem anderen demokratischen Land der Welt käme man wegen derartiger Vorwürfe ins Gefängnis, „selbst, wenn sie wahr gewesen wären“, sagte ein merklich aufgebrachter Ghosn.

Der Ex-Automanager, zuletzt Chef des Verwaltungsrates von Nissan, war im November 2018 in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, Firmenkapital zweckentfremdet und private Verluste auf Nissan übertragen zu haben.

Ghosn selbst sprach stets von einer Verschwörung bei Nissan, um ihn loszuwerden. Grund sei, dass er Nissan noch näher an den französischen Autobauer Renault heranführen wollte. Auch am Mittwoch sagte Ghosn, die Anschuldigungen gegen ihn seien „unbegründet“.

Ghosn saß rund vier Monate in Haft. Er beschrieb die Bedingungen als entwürdigend. Fünf Stunden nach der für ihn „völlig überraschenden“ Verhaftung habe er in einer kleinen Zelle ohne Fenster gesessen. Das Licht sei Tag und Nacht angeschaltet gewesen, er sei zum Teil tagelang ohne menschlichen Kontakt gewesen. Duschen sei nur zweimal die Woche gestattet worden. Seine Frau habe er nur ein einziges Mal für zwei Stunden in Anwesenheit eines Anwalts sehen dürfen. „Ich habe mich gefühlt, als wäre ich kein Mensch mehr“, beschrieb der einstige Star-Manager seine Situation.

Die Ermittler seien nicht an der Wahrheitsfindung interessiert gewesen und der Richter nicht Herr des Verfahrens, sondern vielmehr eine Art Organisator für die Staatsanwaltschaft gewesen.

Ghosn war schließlich auf Kaution und unter strengen Auflagen aus der Haft entlassen worden. Er setzte sich am Sonntag über Istanbul nach Beirut ab. Details der Flucht sind bislang vor allem aus Medienberichten bekannt, so soll er in einer Kiste versteckt mit einem Privatflugzeug aus Japan in den Libanon geflohen sein. Japan nannte die Ausreise illegal.

Ghosn hat die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. (AFP/Tsp/dpa)

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