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Ex-Postminister Schwarz-Schilling: "Herr Obermann ist ein Glücksfall“

Ex-Postminister Schwarz-Schilling spricht mit dem Tagesspiegel über die Telekom-Spitzelaffäre. In seine Amtszeit fiel die erste Postreform.

Herr Schwarz-Schilling,

was haben Sie gedacht, als Sie von der Spitzelaffäre bei der Telekom in der Zeitung gelesen haben?

Ich war sehr überrascht und enttäuscht. Ich frage mich wirklich, wie führende Wirtschaftslenker in Deutschland das Gefühl für die Normalität verloren haben und für den rechtmäßigen Umgang mit den Regeln des Marktes. Und es wundert mich, dass die Sache womöglich schon im Jahr 2000 in Gang kam, aber damals niemand Licht in die Angelegenheit brachte.

Vorstandschef René Obermann hat auch nicht sofort die Staatsanwaltschaft gerufen, als er davon erfuhr…

Die Angriffe gegen Herrn Obermann halte ich für ungerechtfertigt. Er muss jeden Tag viele Entscheidungen treffen und hat in diesem Fall auf den Rat seiner Juristen gehört. Bei der Fülle der Probleme ist es absolut verständlich, dass er nicht immer zu einer absolut durchdachten und perfekten Lösung kommt.

Sie trauen ihm also zu, die Telekom gut durch die Affäre zu bringen?

Ich glaube, Herr Obermann ist ein Glücksfall für die Telekom. Das hängt auch mit seiner Biografie zusammen, er hat sein Unternehmertum immer vehement vertreten. Die Telekom kann froh sein, so eine Persönlichkeit an dieser Stelle zu haben. Ich glaube fest, dass es keiner hätte besser machen können.

Ist der ehemalige Post- und Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel in Ihren Augen einer der Manager, die jedes Maß verloren haben?

Sollte Herr Zumwinkel mit der Bespitzelung etwas zu tun haben, wäre ich von ihm wirklich sehr enttäuscht. Es ist schwer nachvollziehbar, warum Menschen versuchen, das Machtgefüge in ihrem Bereich in illegaler Weise immer weiter auszudehnen. Ich bedaure zutiefst, dass anständige, klar denkende Unternehmer jetzt darunter leiden müssen, dass das Fehlverhalten einzelner auf ihre gesamte Kaste zurückfällt.

Welche Konsequenzen sollten aus der Affäre gezogen werden?

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat schon die richtige Antenne gehabt. Die Telekom ist ein Unternehmen, in dem es des höchsten Vertrauensschutzes bedarf, damit es seine Funktion erfüllen kann. Wenn das so wenig ernst genommen wird, dann leidet unser gesamtes zivilstaatliches System darunter. Dann stellt sich weniger die Frage nach Gesetzen, als die nach der moralischen Grundlage von Führungspersonen.

Wir brauchen also keine besseren Regeln?

Man kann die beste Gesetzgebung haben, aber dennoch ein Land mit vielen Halunken sein. Das Gute ist, dass in einer Demokratie alles irgendwann herauskommt und damit auch korrigiert werden kann.

Das Gespräch führte Corinna Visser.

Christian Schwarz-Schilling (77), war von 1982-92 Bundesminister für Post und Telekommunikation. In seine Zeit fiel die Postreform 1: die Aufspaltung der alten Bundespost

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