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Wirtschaft: Experten raten zum Schutz bei Berufsunfähigkeit Unfallversicherungen decken

viele Schäden nicht ausreichend ab

Berlin. Die meisten Unfälle passieren in der Freizeit: Das spricht grundsätzlich für eine private Vorsorge, denn nach Freizeitunfällen ist von der gesetzlichen Unfallversicherung nichts zu erwarten. Doch der Schutz ist lückenhaft und teuer. Fast jeder Versicherungsvertreter dreht so richtig auf, wenn er eine private Unfallversicherung anspricht: Die genannten Summen erreichen dann oft gigantische Ausmaße. „Ab 90 Prozent Invalidität verfünffacht sich die Versicherungssumme!“, heißt es dann beispielsweise.

Das ist im Fall der Fälle sicher hilfreich, allerdings äußerst selten. Vier von fünf Unfällen mit Invaliditätsfolgen bewegen sich nach Angaben des Bundes der Versicherten bei Graden von unter 25 Prozent. Nach der meist einheitlich verwendeten „Gliedertaxe“ von 1995 wird zum Beispiel der Verlust einer großen Zehe mit fünf Prozent Invalidität bewertet, der Verlust des Gehörs auf einem Ohr mit 30 Prozent. Wer zu fünf Prozent invalide wird, bekommt fünf Prozent der Versicherungssumme – betrug diese 100 000 Euro, würden also 5000 Euro fällig.

Dass die Leistung derart pauschal ermittelt wird, ist ein wesentlicher Nachteil der Unfallpolice. Denn der Verlust eines Zeigefingers (zehn Prozent Invalidität) würde für einen Büroangestellten kaum finanzielle Nachteile bedeuten, für einen Berufsmusiker könnte es existenzbedrohend sein. Für beide wäre die Leistung aus der Unfallversicherung jedoch gleich. Nur wenige Versicherer bieten inzwischen Policen, die für Berufsgruppen wie Ärzte oder Musiker besondere Gliedertaxen vorsehen. Wolfgang Scholl, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in Berlin, gibt einer anderen Vorsorge den Vorrang: „Invalidität durch Unfall ist vergleichsweise selten. Viel öfter sind Krankheiten daran schuld. Das wird aber nur über eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgedeckt.“ Sinnvoll ist eine Unfallversicherung für Kinder, Hausfrauen und Berufstätige, die sich keine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten können oder wollen.

Die Prämienunterschiede sind laut Vergleichen der Stiftung Warentest dramatisch: Für 100 000 Euro Versicherungssumme sind bei der einen Versicherung 100 Euro zu zahlen – bei einer anderen 400 Euro. „In der Spitze liegen die Preisunterschiede bei mehr als 400 Prozent“, so die Stiftung Warentest. Wer also eine Police abschließen will, sollte unbedingt ausgiebig vergleichen. Versicherungsexperte Scholl rät auch von einer „Unfallversicherung mit Prämienrückgewähr" (UPR) ab. Bei einer UPR sind die Prämien deutlich höher. Nur ein kleiner Teil der Prämien wird für die eigentliche Unfallversicherung verwendet, der Rest fließt in eine Lebensversicherung. Scholl: „Versichern und Geldanlage sollten immer voneinander getrennt werden. Bei diesen Policen blickt keiner so richtig durch, was er wofür zahlt.“

A. Kunze

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