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Wirtschaft: Experten warnen vor Zinserhöhung in Europa

Inflation in der Euro-Zone geht leicht zurück, weil Öl und Benzin billiger geworden sind

Berlin Wirtschaftsexperten haben die Europäische Zentralbank (EZB) davor gewarnt, auf ihrer heutigen Ratssitzung in Frankfurt (Main) die Leitzinsen zu erhöhen. Eine Anhebung sei frühestens 2005 nötig, erklärte Holger Schmieding, Europa-Chefvolkswirt der Bank of America. Derzeit seien die Signale der Zentralbank verwirrend – es habe wiederholt Andeutungen gegeben, dass eine Zinsanhebung bei einer ansteigenden Inflationsrate unvermeidlich sei. Unterdessen verlangsamte sich die Preisentwicklung in den zwölf Euro-Ländern im Juni etwas.

Im Mai hatte der hohe Ölpreis über teures Benzin und Heizöl die Inflation auf 2,5 Prozent gegenüber dem Vormonat getrieben. Im Juni waren es nach vorläufigen Zahlen nur noch 2,4 Prozent, erklärte das EU-Statistikamt Eurostat in Luxemburg. Allerdings lag die Inflationsrate damit weiter über dem Wert von zwei Prozent, bis zu dem die EZB Preisstabilität gewährleistet sieht. Daher hatte es zuletzt Sorgen gegeben, die Notenbank könne trotz des immer noch mäßigen Aufschwungs in Europa die Leitzinsen anheben. Auch in den USA erwarten die Fachleute in den nächsten Monaten ein steigendes Zinsniveau. Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank Federal Reserve hatte bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe seine Sitzung noch nicht beendet.

Bank-of-America-Fachmann Schmieding sagte, die EZB versuche offenbar, mit ihrem Hinweis auf die Inflation die Gewerkschaften von zu starken Lohnforderungen abzuhalten. Die meisten Fachleute rechnen allerdings wegen der schwachen Arbeitsmarktlage nicht mit einem Anstieg der Inflation.

Auch die Analysten der Privatbank HSBC Trinkaus&Burkhardt raten der EZB, zumindest bis in das kommende Jahr hinein den Zinsschritten der Fed nicht zu folgen. Sie plädieren dafür, den Leitzins bis in das kommende Jahr hinein bei zwei Prozent zu belassen. Zwar habe die hohe Inflation im Mai überrascht, doch dabei dürfte es sich lediglich um ein „temporäres Phänomen“ handeln, so die Analysten. Der Anstieg der Ölpreise scheine gestoppt, schreiben die Banker. Deshalb dürfte der Druck auf die EZB, die Leitzinsen zu erhöhen, in den kommenden Monaten sukzessive abnehmen.

Die Volkswirte von der Allianz und der Dresdner Bank wollen dagegen nicht ausschließen, dass die EZB noch in diesem Jahr die geldpolitischen Zügel anzieht. Sie erwarten aber eher, dass sie noch bis ins erste Quartal des kommenden Jahres mit einer Zinserhöhung warten wird. Dies gelte, obwohl in den kommenden Monaten mit weiteren Zinsschritten der Fed zu rechnen sei. „Somit werden nach unserer Einschätzung Ende 2004 die Leitzinsen dies- und jenseits des Atlantiks auf demselben Niveau liegen“, heißt es in einer Studie. brö/dr

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